Industriell und doch individuell

Die Betonvorfertigung entwickelt sich unaufhaltsam Richtung Kosteneffizienz und beschleunigtem wie auch nachhaltigem Bauen. Zwar braucht der Einsatz von Vorfabrikaten im Vorfeld etwas mehr Planung. In Sachen Qualität und Massgenauigkeit sind industriell – und trotzdem handwerklich – gefertigte Kleinserien jedoch unschlagbar, wie der Beitrag von BetonSuisse zeigt.

«Wir sind eigentlich eine Manufaktur mit den Vorteilen einer Industrie.»

Cyrill Kunz, Geschäftsführer der Müller-Steinag Element AG

«Bei unseren Betonvorfabrikaten ist der spezifische Faktor so hoch, dass wir eigentlich eine Manufaktur mit den Vorteilen einer Industrie sind», sagt Cyrill Kunz, Geschäftsführer der Müller-Steinag Element AG in Rickenbach. Über 200 Anfragen aus der ganzen Schweiz gehen bei der Luzerner Firma pro Woche ein. Ob Treppen oder Fassaden, kein Auftrag gleicht dem anderen. Die Vorfertigung in Beton verbindet die Vorzüge der Industrie – höchste Präzision, genaue Zeitplanung und gleichbleibende Qualität – mit den individuellen Wünschen der anspruchsvollen Kundschaft. Dabei wird jedes Objekt detailgenau geplant und die Statik berechnet.
Natürlich gibt es Serienanfertigungen mit mehreren hundert identischen Elementen, doch dazu kommen hunderte Aufträge mit kleinen Stückzahlen: Bahnbauelemente, Balkone, Fassadenelemente, Garagen, Lärmschutzelemente, Stützen, Tragwerke oder Treppen. Es gibt so gut wie nichts, das nicht werkseitig vorfabriziert werden könnte.

Volle Kostenkontrolle
Der Fantasie werden nur durch die Kosten für komplexe Matrizen oder Spezialoberflächen gewisse Grenzen gesetzt. Grundsätzlich gilt: Je mehr gleichartige Teile, desto weniger Schalungen müssen gebaut werden. Das senkt die Kosten. «Man kann vieles komplett in Elementen statt in Ortsbeton herstellen», sagt Cyrill Kunz. Wo aber liegt die Grenze, wenn es um Stückzahlen geht? «Allgemein kann man das nicht sagen», sagt Cyrill Kunz. «Sobald es in den Bereich Sichtbeton geht und das Element mehrfach vorkommt», sagt er, «also ab drei, vier Stück schwenken viele auf uns um.» Im Gegensatz dazu ist auch das Gegenteil Alltag: Für grössere Überbauungen wurden auch schon Fassaden mit 1500 Elementen und mit über 700 unterschiedlichen Schalungen bestellt.

Individualisierung grossgeschrieben
In Zeiten, in denen das Individuelle Standard ist, bieten präzise Planung und präzise Vorfertigung ein ideales Duo. Im Grunde gibt es nichts, was nicht unter kontrollierten Bedingungen in einer Halle produziert werden könnte. Dies ist auch ein gutes Argument in Zeiten des Fachkräftemangels, in denen Firmen auch mit guten Arbeitsbedingungen punkten können ­– wie etwa das Arbeiten unter Dach geschützt vor Wind und Wetter.

In Zukunft dürften mehr Fasern aus Stahl und Kunststoff konventionelle Armierungen ersetzen. Faserarmierter Beton spart Zeit und Geld und macht die Vorfabrikation noch wirtschaftlicher. Um Beton einzusparen, dürften die Vorfabrikanten vermehrt dünnwandige Elemente produzieren. Das ist ressourcenschonend und damit nachhaltiger. Auch der 3D-Betondruck, also die Betonformgebung ohne schalen zu müssen, ist im Aufschwung. Dies alles sind überzeugende Argumente, um das modulare Bauen noch weiter nach vorne zu bringen.

Cyrill Kunz, 43, Geschäftsführer der Müller-Steinag Element AG, verfügt über 20 Jahre Vertriebserfahrung in verschiedenen Branchen.

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Nachhaltiges Bauen
Die Vorfabrikation von Betonelementen unter kontrollierten Produktionsbedingungen hat viele Vorteile. Nebst einer hohen Massgenauigkeit und diversen Qualitätsprüfungen entlang des Produktionsprozesses werden insbesondere auch weniger Ressourcen verbraucht. Weniger Material resultiert in geringeren CO2-Emissionen sowohl bei Herstellung wie auch beim Transport. Dank der Vorfertigung im Werk und den damit verbundenen optimierten Bauprozessen gibt es auf der Baustelle weniger Lärm und Staub sowie mehr Platz. Auch die Kreislaufwirtschaft gewinnt an Bedeutung. Der Kanton Zürich beispielsweise fördert Recycling-Beton in der Vorfertigung. Im Hochbau funktioniert der Einsatz von Recycling-Elementen bereits sehr gut.

Werde Betonwerker:in!

Unter Dach handwerken

Betonwerker:in – ein Knochenjob? Weit gefehlt. Betonwerker:innen stellen Elemente in verschiedensten Formen und für unterschiedlichste Verwendungen her: Von Treppenelementen über Sitzinseln und Brunnen bis hin zu Abwasserschächten. Und sie arbeiten unter Dach – geschützt vor Wind und Wetter.

Betonelemente werden in der Produktionshalle vorproduziert: Der Beton dort gemischt, gegossen und geglättet. Als Betonwerker:in ist reine Muskelkraft weniger gefragt als auf dem Bau, der Beruf erfordert insbesondere handwerkliches Geschick, technisches Verständnis und Kreativität. GRAU sprach mit den beiden Betonwerker-Lernenden Omer Jasari (MÜLLER-STEINAG Gruppe, Rickenbach LU) und Blerian Ramadani (Stüssi Betonvorfabrikation AG, Dällikon ZH).

Mit dem Kopf bei der Sache. Betonwerker:in ist ein anspruchsvoller Beruf.

Blerian und Omer, warum habt ihr euch für die Ausbildung als Betonwerker entschieden?

Blerian: Der Beruf hat mir einfach gefallen. Ich wollte unbedingt einen handwerklichen Beruf erlernen. Und den Baustoff Beton finde ich überaus spannend.

Omer: Schon als Kind habe ich in den Ferien oft meinen Vater zur Arbeit begleitet. Er arbeitet als Maurer und so kam ich mit der Baubranche in Berührung. Die Arbeiten gefielen mir, aber weil es im Winter oft sehr kalt ist, wollte ich nicht draussen arbeiten. Glücklicherweise bin ich auf den Beruf Betonwerker EFZ gestossen.

Was findet ihr am Baustoff Beton spannend?

Omer: Ich fand es schon immer faszinierend, dass aus dem zuerst flüssigen Material so harte und stabile Elemente entstehen können. Zudem ist Beton sehr vielfältig und durch die flexible Formbarkeit einzigartig.

Blerian: Eigentlich ist alles an Beton spannend; wie er hergestellt wird und wofür er benutzt werden kann. Überall braucht es Beton. Für Gebäude – sprich die Infrastruktur im ganzen Land.

Da sieht man, was man gemacht hat. Beton ist immer konkret.

Und was weckt euer Interesse an vorfabrizierten Betonelementen?

Blerian: Dass es so grosse Elemente gibt, ist einfach spannend. Die Arbeit mit dem Kran fasziniert mich besonders.

Omer: Lange dachte ich, dass Beton immer grau ist. Tatsächlich können wir die Elemente aber in jeder Farbe vorfabrizieren. Auch das macht Beton so vielfältig.

Gibt es Arbeiten, die ihr besonders gern macht?

Blerian: Eigentlich mache ich alles gern.

Omer: Ich mag es, Treppen zu produzieren. Am interessantesten finde ich es aber, wenn ich das Produkt von der Schalung bis zum fertigen Produkt mitproduzieren darf, egal welches.

«Das handwerkliche Geschick ist sehr wichtig. Zudem hilft mir mein gutes Vorstellungsvermögen.»

Omer Jasari

Welche eurer persönlichen Eigenschaften helfen euch auch im Beruf?

Omer: Das handwerkliche Geschick. Zudem hilft mir mein gutes Vorstellungsvermögen. Nur so ist es mir möglich, die Pläne zu verstehen und bei der Produktion das Endprodukt vor Augen zu haben.

Blerian: Mir hilft, dass ich sehr sportlich bin. Die körperliche Fitness reicht aber nicht aus, man muss für diesen Job auch einen wachen Kopf haben. Auch ein guter Teamgeist hilft. Als Einzelgänger kommt man bei diesem Beruf nicht weit. Wir arbeiten zusammen.

«Als Einzelgänger kommt man bei diesem Beruf nicht weit. Wir arbeiten zusammen.»

Blerian Ramadani

Habt ihr ein Lieblingsprojekt oder ein Lieblingswerkstück?

Blerian: Beim Schnuppern durfte ich das Modell einer Treppe selbst herstellen – selbst gezeichnet, selbst geschalt und armiert, selbst betoniert. Diese Modelltreppe durfte ich mit nach Hause nehmen.

Omer: Mein Lieblingswerkstück sind Wendeltreppen. Diese bestehen aus vielen Einzelteilen, die wir alle sorgfältig anfertigen. Besonders gern bin ich dabei, wenn wir sie zusammenbauen und das fertige Produkt entsteht.

Was gibt euch bei der Arbeit Antrieb?

Blerian: Ich komme morgens in die Halle und alle begrüssen mich mit einem Lachen im Gesicht. Es ist toll, ein Teil dieses Teams zu sein.

Omer: Das Lob des Berufsbildners oder von anderen Mitarbeitenden motiviert mich. Zudem ist es ein schönes Gefühl, das Endprodukt vor mir zu sehen und zu wissen, wie viel Arbeit von der Schalung bis zur Montage darin steckt.

Blerian Ramadani, Lernender Betonwerker, Stüssi Betonvorfabrikation AG
Omer Jasari, Lernender Betonwerker, MÜLLER-STEINAG Gruppe

Fahrt ihr manchmal zu Orten, wo man eure Arbeit sieht? Und wie geht es euch dabei?

Omer: Ja sehr oft sogar. Kürzlich waren wir bei einer Moschee, die aus unseren Stützen gebaut wurde. Voller Stolz konnte ich das Werk meiner Familie zeigen.

Blerian: Wir haben die Elemente für das neue Kunsthaus in Zürich geliefert. Das Kunsthaus ist mega schön gemacht. Da ist man schon stolz.

Was möchtet ihr nach der Ausbildung machen?

Omer: Zuerst möchte ich ein paar Jahre Berufserfahrung sammeln. Danach will ich mich weiterbilden. Eine Weiterbildung als Vorarbeiter kann ich mir gut vorstellen oder auch den Baustoffprüfer finde ich spannend. Es gibt viele Möglichkeiten.

Blerian: Ich möchte sicher noch ein paar Jahre auf dem Beruf und in dieser Firma weiterarbeiten. Dann vielleicht intern weiterkommen. Ich könnte mir ebenfalls vorstellen, Vorarbeiter zu werden, oder in der Firma höher aufzusteigen, wer weiss?

Mehr Informationen

Werde Betonwerker:in! Ein spannender Beruf, der handwerkliches Geschick, technisches Knowhow und Kreativität vereint.
> https://www.swissbeton.ch/ausbildung/lehrberufe/

Und hier geht es zu den aktuell ausgeschriebenen Lehrstellen:
https://www.swissbeton.ch/ausbildung/lehrberufe/#lehrstellen

Blogeintrag vom Baumeisterverband zum Betonwerker:
> https://baumeister.swiss/jetzt-wird-betoniert/

Interview

«Sandgestrahlt ist ziemlich cool»

Betonwerker stellen Produkte aus Beton her, die für den Bau von Wohnungen, Brücken und Lärmschutzwänden eingesetzt werden. Typische Produkte sind Kanalisationsrohre, Treppen oder Balkone. Die Ausbildung dauert drei Jahre. GRAU sprach mit den beiden Betonwerker-Lernenden Merlin Spichtig und Raphael Raths.

Merlin und Raphael, weshalb habt ihr euch für eine Ausbildung als Betonwerker EFZ entschieden?

Merlin: Weil ich mich schon immer für einen handwerklichen Beruf interessiert habe. Erst schnupperte ich als Maurer. Allerdings gefiel es mir nicht, immer draussen zu arbeiten. Mal ist es zu heiss, mal zu kalt. Dann wollte der Zufall, dass mein Lehrer mit dem Sohn meines heutigen Chefs Fussball spielte und sich die beiden über Jobs unterhielten. Auf diesem Weg kam ich zu meiner Lehrstelle.

Raphael: Es ist ein abwechslungsreicher Beruf. Mir macht es Spass, etwas im Team zu schaffen. Die Aufgaben sind vielseitig. Wir machen Treppen, Fassaden, Stützen.

Was findet ihr an Beton spannend?

Raphael: Mit Beton ist jeder Tag anders. Von Lehrjahr zu Lehrjahr werden die Aufgaben komplexer.

Merlin: Ich finde die verschiedenen Beton-Oberflächen spannend. Geschliffene Oberflächen gefallen mir am besten. Sandgestrahlt ist auch ziemlich cool.

Gibt es Arbeiten, die ihr besonders gerne macht?

Raphael: Mir gefällt das Taloschieren. Darunter versteht man das Glätten und Verdichten von Betonoberflächen.

Merlin: Bei mir sind es der Schalungsbau und das Betonieren allgemein. Also auch das Abglätten und andere Arbeiten, die dazugehören.

Habt ihr ein Lieblingsprojekt oder ein Lieblingswerkstück?

Merlin: Für mich ist das schwer zu sagen. Vieles hat seinen Reiz.

Raphael: Ich mache gerne Fassaden. Das ist spannend, da sehr anspruchsvoll.

Macht euch die Arbeit stolz?

Raphael: Es macht mich sehr stolz, zu sehen, was ich mitgeleistet habe.

Merlin: Wenn etwas gut gelingt, macht mich das schon stolz.

Fahrt ihr manchmal zu Bauwerken/Arealen, wo man eure Arbeit sieht?

Raphael: Manchmal, per Zufall. Wir wurden auch schon auf die Baustelle eingeladen. Zum Beispiel beim Flughafen Zürich zum Grossprojekt «Circle», wo wir alle Stützen lieferten.
Merlin: Wenn ich unterwegs bin und ein Gebäude sehe, das wir gemacht haben, dann freue ich mich und denke: Das sieht super aus!

Mit Beton ist jeder Tag anders.

Raphael Raths

Was ist das Schöne an eurem Beruf?

Raphael: Ich finde es echt toll, dass man sieht, was aus der Arbeit wird.

Merlin: Mir gefallen das Material und die Abwechslung. Natürlich auch die guten Leute im Betrieb. Unter der Lehrlingslohn ist auch angenehm 😉.

Was war bisher der grösste Erfolg in eurer Lehre?

Merlin: Im Kurs mit den Lernenden produzierten wir echt schöne Sachen aus Beton: Tische, Sitzbänke und so weiter.

Raphael: Dass ich gute Schulnoten habe und es auch im Betrieb gut klappt.

Was sind eure Hobbys?

Raphael: Gamen, mit Kollegen chillen, dann auch Joggen oder Spazieren. Neu spiele ich in der Guggenmusik mit – auf dem Sousaphon.

Merlin: Schwimmen, Tennisspielen – und mit Kollegen unterwegs sein.

Welche eurer Eigenschaften helfen auch im Beruf?

Merlin: Ein fitter Körper. Und die Genauigkeit ist wichtig.

Raphael: Räumliches Vorstellungvermögen und handwerkliches Geschick.

Was möchtet ihr nach der Ausbildung machen?

Raphael: Mich weiterbilden. Zum Beispiel zum Vorarbeiter. Später könnte ich mir ein Studium vorstellen.

Merlin: Zuerst kommt die Rekrutenschule, dann sehen wir weiter. Eine Berufsmatura würde mich schon interessieren.

Raphael Raths, 18

3. Lehrjahr Betonwerker EFZ
Sebastian Müller AG in Rickenbach LU

Lehrling Rapheal Raths, Sebastian Müller AG

Merlin Spichtig, 17

2. Lehrjahr Betonwerker EFZ
Fanger Elementtechnik AG in Sachseln OW

Projekt LIFT

Leistungsfähig durch individuelle Förderung und praktische Tätigkeit

Jugendliche mit einer erschwerten Ausgangslage den Start in das Berufsleben zu ermöglichen – darum kümmert sich das Projekt LIFT. Creabeton Matériaux ist ein regionaler Projektpartner.

Das Projekt ist ein Integrations- und Präventionsprogramm für Jugendliche am Übergang zwischen Volksschule und Berufsbildung. Die Teilnehmenden besuchen freiwillig in der unterrichtsfreien Zeit sogenannte Wochenarbeitsplätze in Betrieben der jeweiligen Region. Diese Kurzeinsätze von wöchentlich 2–3 Stunden sind ein guter Weg, den Jugendlichen niederschwellig eine Ausbildung zu ermöglichen. Creabeton Matériaux stellt jährlich zwei Wochenarbeitsplätze zur Verfügung – in der Verwaltung und in der Produktion. Mehr über das Projekt erfahren Sie im Video.

Durch das Projekt können wir Jugendliche aus der Region fördern – in ihrer beruflichen und persönlichen Entwicklung.

Adrian Forrer, Geschäftsleiter Creabeton Matériaux AG
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