Projekt Foldcast SlabX

Win-Win-Situation für Forschung und Baubranche

Wie kann die Produktion von Betonelementen nachhaltiger werden? Dieser Frage gehen verschiedene Forschungsprojekte nach. Auch für produzierende Unternehmen ist sie von grossem Interesse. Denn viele von Ihnen haben sich zum Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu sein. Dafür arbeiten sie regelmässig mit Hochschulen zusammen. So auch beim Projekt Foldcast SlabX, das die Produktion von Betonelementen in vielerlei Hinsicht optimiert.

Das Ziel des Projekts Foldcast SlabX besteht darin, den Materialverbrauch bei der Herstellung von Elementen aus Beton zu optimieren.

Foldcast SlabX steht für ein Betonelement mit markantem Design: über seine Oberfläche spannt sich ein grosses X. Doch die Optik ist zweitrangig. Wichtiger ist, dass bei seiner Herstellung massiv weniger Beton verbraucht wird. Und zwar dank einer Papierform, die sich durch gezieltes Falten optimieren lässt. Entwickelt hat diese spezielle Form eine Forschungsgruppe um Prof. Ena Lloret-Fritschi an der Accademia di Architettura der Università della Svizzera Italiana (USI) in Mendrisio. Zu dieser Gruppe gehört auch Fabio Amicarelli, der im Rahmen seiner Doktorarbeit eine Software entwickelt hat, die den Materialverbrauch optimiert. Die Software erstellt auch das «Schnittmuster» für die Papierform, die mehrfach verwendet und vollständig recycelt werden kann.

Erfolgreiche Zusammenarbeit von Forschung und Wirtschaft

Um einen Prototyp in Originalgrösse herzustellen, arbeiteten die Forschenden der USI mit Alexandra Horat und Prof. Simone Stürwald vom Institut für Bau und Umwelt der Fachhochschule OST in Rapperswil und mit Dr. Christian Paglia vom Institut für Werkstoffe und Konstruktionen der Fachhochschule Mendrisio (SUPSI) zusammen. Die MÜLLER-STEINAG Gruppe (MSG) beteiligte sich als Industriepartner, da Foldcast SlabX perfekt zu ihren Bestrebungen passt, den Materialeinsatz in der gesamten Herstellungskette zu optimieren. «Dies ist der wirksamste Ansatzpunkt, um den CO2-Fussabdruck zu senken», erklärt Cédric Domon, Leiter Forschung & Entwicklung der MSG. «Wir verfolgen darum das Ziel, Zemente mit einem geringeren Klinkeranteil zu verwenden, den Zementverbrauch im Beton zu reduzieren und durch optimierte Geometrien weniger Beton in den Elementen zu verbrauchen.»

Im Februar wurden im Herstellerwerk Müntschemier der MÜLLER-STEINAG Gruppe zwei Prototypen in Originalgrösse unter realen Produktionsbedingungen hergestellt. Cédric Domon zieht aus dem Test wichtige Erkenntnisse: Das Papier für die Schalung lässt sich wie Holz oder Metall bearbeiten, und der von OST und SUPSI entwickelte hochwertige Recyclingbeton, der 13 Prozent weniger Treibhausgas verursacht, kann wie herkömmlicher Beton verarbeitet werden. Aber auch die Forschenden profitierten von der Zusammenarbeit mit dem Betonspezialisten: Sie konnten die Produktionsprozesse im Werk beobachten und Verbesserungen direkt in das Projekt einfliessen lassen.

Vom Labor in die Realität

Nun steht der Praxistest an: Die USI-Forschungsgruppe mit Fabio Amicarelli arbeitet aktuell am ersten Kundenauftrag. Es ist ein Privathaus in Lugano mit einem Treppenhaus aus Foldcast-Elementen. Zusätzlichen Schub erhielt die Idee durch den Gewinn der Boldbrain Startup Challenge, dem wichtigsten Preis für Start-ups im Kanton Tessin. Jetzt soll Foldcast auf den Markt gebracht werden. «Es war die richtige Idee zur richtigen Zeit», erklärt sich Fabio Amicarelli den Erfolg des Projekts. «Denn Nachhaltigkeit ist das Gebot der Stunde – gerade auch in der Baubranche, die für einen erheblichen Teil der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich ist.»

Auch Cédric Domon sieht das Potenzial: «Wer Beton sinnvoll einsetzt, ist im Wettbewerb besser aufgestellt.» Die Erkenntnisse aus der Zusammenarbeit mit Foldcast SlabX fliessen nun in die weitere Forschung der MÜLLER-STEINAG Gruppe ein, um den Nachhaltigkeitszielen Schritt für Schritt näher zu kommen.

Umweltproduktdeklaration (EPD)

«Ökologischer und ökonomischer»

Die Umweltproduktdeklaration (EPD) ist einer der Schwerpunkte der Verbandsarbeit von SwissBeton im laufenden Jahr. Dank dieser Transparenz wird es möglich, Werk- und Baustoffe im Sinne der Nachhaltigkeit miteinander zu vergleichen. Volker Wetzig, Leiter Technik bei SwissBeton, zeigt das korrekte Vorgehen und die Hintergründe auf.

Die Umweltproduktdeklaration trägt zur Nachhaltigkeit von Betonvorfabrikaten bei, indem sie die Ökobilanz von Werkstoffen und Produktion offenlegt.

In den EPD werden quantifizierte umweltbezogene Informationen aus dem Lebensweg von Produkten zusammengefasst. Somit entsteht eine Art ökologischer Ausweis und man kann die Produkte besser miteinander vergleichen. Eine EPD beruht auf unabhängig überprüften Daten aus Ökobilanzen, aus Sachbilanzen oder selbst erfassten Informationen, welche mit der Normenreihe ISO 14040 konform sind. Zudem enthalten die EPD weitere Angaben über bauphysikalische Daten und über die Beschaffenheit der Materialien und Werkstoffe, zum Beispiel von Beton.

Für die Erstellung einer EPD müssen Energie und Stoffflüsse für den Erhebungszeitraum – in der Regel ein Kalenderjahr – für jedes Produkt beziehungsweise für jede Produktgruppe erfasst werden. Produktgruppen sind zum Beispiel Rohre und Schächte, Pflastersteine und Platten, Fertigteile Hochbau, Fertigteile Infrastruktur. Der Experte Volker Wetzig hat zusammengestellt, was genau erfasst werden muss.

Allgemeine Angaben für die Herstellungsprozesse sind:

Energiebedarf:

  • Stromverbrauch
  • Diesel für interne Transporte
  • Heizöl, Erdgas und weitere Heizmittel

Prozessstoffe allgemein:

  • Schmierstoffe
  • Prozesswasser für Reinigung – Trinkwasser
  • Prozesswasser für Reinigung – Oberflächen und Grundwasser
  • Schalungsmaterial (jährlicher Zukauf)
  • Verpackungsmaterial, zum Beispiel Paletten, Folien, Holz (jährlicher Zukauf)

Abfälle allgemein:

  • Mineralische Abfälle zur Deponie
  • Organische Abfälle zur KVA
  • Sondermüll, zum Beispiel Altöl
  • Abwasser

Ausgangsstoffe Beton:

  • Zement (CEM I, CEM IIA, CEM IIB und weitere)
  • Zusatzstoffe wie Flugasche, Silikastaub, Filler, Pigmente
  • Gesteinskörnung (Sand, Kies, gebrochen oder rund, RC)
  • Zusatzmittel
  • Wasser (RC, Trinkwasser, Oberflächenwasser)

Zusatzmaterial (idealerweise wird eine EPD vom Zusatzmaterial vom Lieferanten eingefordert):

  • Armierung
  • Einlageteile

Für jedes angekaufte Produkt sind die Emissionen für Anliefertransporte zu berücksichtigen.

Woher ein Produkt kommt, unter welchen Umständen es hergestellt wurde und wie nachhaltig es ist – diese Informationen sind in der heutigen Zeit für viele Menschen relevant. Das betrifft nicht nur die Nahrungsmittel- und die Bekleidungsindustrie, sondern vermehrt auch den Bausektor und die Baustoffbranche. Seit 2012 sind entsprechende Kriterien in der Europäischen Norm (EN) verankert, zu deren Übernahme sich die Schweiz verpflichtet hat. Unter dem Begriff Environmental Product Declaration (EPD) gehören Angaben im Sinne der Transparenz immer häufiger zu den Anforderungen in Ausschreibungen für Bauprojekte. Gemäss Volker Wetzig, der bei SwissBeton den Bereich Technik leitet, werden die EPD beziehungsweise deren Inhalte mit der aktuellen Bauproduktegesetzesrevision verpflichtend. Für Firmen und Fachpersonen lohnt es sich daher, sich frühzeitig und vertieft damit auseinanderzusetzen.

«Diese Kriterien sind neutral und unabhängig, sie ermöglichen bessere Vergleiche.»

Volker Wetzig, Leiter Technik,
SwissBeton

Der Verband SwissBeton hat die Entwicklungen rund um die EPD an ihrer Herbstversammlung 2023 thematisiert. Bei einer darauffolgenden Datenerhebung zur Erstellung und Verifizierung von EPD sei der Rücklauf erfreulich hoch gewesen, berichtet Volker Wetzig. Nun werden Durchschnitts-EPD für die gängigsten Produkte erstellt, die den aktuellen Stand der Umwelteinwirkungen dokumentieren und den Mitgliedern als Benchmark dienen können. Den zusätzlichen Aufwand, der für die Erhebung der Daten für die EPD-Erstellung entsteht, ist laut Volker Wetzig «überschaubar». Für einen reibungslosen Ablauf empfiehlt er, sich an den Erhebungsbögen des EPD-Erstellers beziehungsweise EPD-Verifizierers zu orientieren (siehe Übersicht im Infokasten). Die ausführliche Version kann per E-Mail an info@swissbeton.ch bestellt werden.

Eine Chance für die Branche

Volker Wetzig sieht in den aktuellen Entwicklungen in der Umweltproduktdeklaration eine grosse Chance für die Betonbranche. «Es handelt sich hier um neutrale und unabhängige Grundlagendaten für alle Baustoffe», erklärt er. Erfasse man die damit verbundenen Aufwände und Emissionen, ermögliche dies mehr Transparenz und bessere Vergleiche.
«Der Blick wird nun auch auf Aspekte gelenkt, die früher noch kaum beachtet wurden», hebt Volker Wetzig hervor. Damit meint er beispielsweise die Herkunft von Strom, Gas und Öl, die Verbrauchsmaterialien, den Ausschuss und die Abfälle und die Transporte. Kenne und erfassen man diese Aufwände, trage das nicht nur zu mehr Nachhaltigkeit bei, sondern reduziere oftmals auch die Kosten, da man bewusster entscheiden und handeln könne. «Ökologie und Ökonomie, das geht hier Hand in Hand», fasst Volker Wetzig zusammen.

Langlebigkeit als wichtigstes Kriterium

Bezüglich der Energie- und Umweltbilanz von Beton weist Volker Wetzig auf dessen Langlebigkeit hin. Richtig hergestellt, verarbeitet und dimensioniert, ist Beton nämlich fast unendlich haltbar. «Im Vergleich zu anderen Werkstoffen ist dies ein starker Pluspunkt und es senkt den ökologischen Fussabdruck», sagt der Fachmann.

Wie Emissionen mit der Betonverwendung verbunden sind, hängt bekanntlich auch mit der Menge des dafür verwendeten Zements zusammen. Die entsprechende Norm SN EN 206 wird derzeit überarbeitet. Demnächst ist mit einer markanten Änderung zu rechnen. Gemäss Volker Wetzig gibt es voraussichtlich ab Herbst/Winter 2024 keinen vorgeschriebenen Mindestanteil für Zement mehr, sondern nur noch klar definierte Anforderungen an die Eigenschaften des Betons, also an dessen Festigkeit und an die Dauerhaftigkeit. «Die Wahl der Bestandteile und deren Komposition ist dann den Herstellern überlassen», erklärt Volker Wetzig. Die neue SN EN 206 wird der Betonbranche also mehr Freiheiten geben, aber auch viel Verantwortung mit sich bringen.

Forschen mit Carbon und Algorithmen

Förderlich ist, dass sich auch in der Forschung einiges tut. Projekte der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) und der Ostschweizer Fachhochschule (OST) setzen sich dafür ein, den CO2-Ausstoss bei der Herstellung von Beton weiter zu reduzieren – zum Beispiel dank dem Einsatz von Carbonfasern oder indem beim Berechnen der Mischungen auf Algorithmen gesetzt wird.

Volker Wetzig sieht in diesen Entwicklungen und in der neuen Norm viel Potenzial, das auch der Umweltproduktdeklaration und dem Budget zugutekommen wird. «Denn ohne Mindestzementgehalt kann man die Festigkeit des Betons dem Verwendungszweck anpassen. Das führt dazu, dass in vielen Fällen weniger Zement zum Einsatz kommen wird als heutzutage.»

Optimierte Betonrezepturen

KI macht den Beton grüner

Wenn wir die CO2-Emissionen bei der Betonherstellung dauerhaft senken wollen, müssen wir auf vielen Ebenen ansetzen – unter anderem beim Zement. Die Fachhochschule OST hat gemeinsam mit dem Software-Service-Provider Dorner ASP Algorithmen entwickelt, die neue Betonrezepturen mit weniger Zementanteil errechnen. OptimiX kommt ab Anfang 2024 bei den ersten Betonherstellern zum Einsatz.

Simone Stürwald, Professorin für Bauingenieurwesen an der Fachhochschule OST, forscht an der Optimierung von Betonrezepturen.

Jährlich wird weltweit ein Betonvolumen produziert, das ungefähr dem des Mount Everest entspricht. Der Baustoff ist und bleibt aufgrund seiner hervorragenden Eigenschaften einer der beliebtesten Baustoffe der Welt. Das Problem: Die hohen CO2-Emissionen. Sie entstehen zu einem grossen Teil während der Herstellung des Zements. «95 Prozent des CO2-Fussabdrucks von Beton entstehen bei der Produktion von Klinker – zum einen durch den Energieverbrauch der Brennöfen, aber vor allem durch den Austritt von CO2 aus dem Kalkstein», erklärt Simone Stürwald, Professorin für Bauningenieurwesen an der Fachhochschule OST in Rapperswil SG.

Deshalb auf Beton verzichten will jedoch niemand. «Gerade hierzulande gibt es für viele Bauten nach wie vor keinen guten alternativen Baustoff», sagt die Professorin. «Für Infrastrukturbauten wie Brücken oder Tunnel ist Beton nach wie vor der beste Baustoff, genauso wie für Untergeschosse, die man in der Schweiz aufgrund des knappen Platzes gern baut.» Die Devise der Branche lautet darum: den Zementanteil in der Mixtur reduzieren. Die  Fachhochschule OST liefert dazu wichtige Ergebnisse.

Hohe Qualität mit weniger Zement

Simone Stürwald überlegte zusammen mit Studierenden in Projektstudien, wie sich in den Betonmischungen der Einsatz von Zement verringern lässt. Eine Lösung: die Packungsdichte erhöhen. Durch die Optimierung der Sieblinie und die Zugabe von Zusatzstoffen können Hohlräume und damit der Zementanteil minimiert werden. «Der Verbrauch fiel so in der Studie von 308 Kilogramm Zement pro Kubikmeter auf 170 Kilogramm», sagt Simone Stürwald. «Die Qualität blieb auf hohem Niveau erhalten.»

«Wir können Daten aus 500 Betonwerken und mehreren Jahren nutzen.»

Markus Durot, CEO,
Dorner ASP

Das Timing für die Versuche ist gut. Bisher schreibt die nationale Norm SN EN 206-1 eine Mindestmenge von 280 bis 320 Kilogramm Zement pro Kubikmeter Beton vor. Diese Vorgabe soll demnächst mit der Einführung leistungsbezogener Entwurfsverfahren fallen. Zudem können bald weitere Zusatzstoffe gemäss SIA 215/2 zertifiziert werden. «Das vergrössert das Feld immens, wie Beton gemischt werden kann», sagt Simone Stürwald.

Das Wissen steckt in den Daten

Die Professorin ging deshalb dazu über, die Berechnung neuer Rezepturen mathematisch und auf der Grundlage von Daten, anstatt durch praktisches Ausprobieren anzupacken. Ein Vorversuch mit ihren OST-Kolleginnen und -Kollegen vom Standort Buchs SG verlief erfolgreich. Also machte sich Simone Stürwald auf die Suche nach einem Industriepartner – und fand ihn mit der Dorner ASP AG in Heerbrugg.

Dorner ASP stellt seit über 20 Jahren Software-Services für Betonhersteller, vorwiegend im DACH-Markt, bereit – im Speziellen zur Sicherung der Betonqualität. Betonwerke werden so, meist im Zusammenspiel mit Produktionssteuerungen des Schwesterunternehmens Dorner Electronic aus Egg im Vorarlberg, überwacht. Mit diesem Mix aus Branchenwissen, Marktverbreitung, Mathematik- und KI-Expertise konzipierten die Beteiligten eine Lösung, mit der sie Betonmixturen optimieren können – sie heisst OptimiX.

Basis von OptimiX ist ein grosses Datenvolumen, das anonymisiert ist und aus zwei Quellen entspringt: Labordaten aus den Betonprüfungen sowie Produktionsdaten, die bei der Herstellung jeder einzelnen Beton-Charge anfallen. «Das sind Daten aus 500 Betonwerken und mehreren Jahren», erklärt Markus Durot, CEO der Dorner ASP.

Weiterentwicklung dank KI

Mit den erhobenen Daten füttern die Software-Entwickler und das Team um Simone Stürwald entsprechende KI-Modelle und Algorithmen. Auf diese Art lernt das System ständig dazu und kann Vorhersagen zu den Eigenschaften von Betonmischungen treffen. «Mit den Simulationen umgehen wir das aufwändige Trial-und-Error-Verfahren», erklärt Simone Stürwald. «Die Betonwerke können so leichter neue Rezepturen entwickeln und anpassen – gerade auch unter Verwendung neuer, teilweise rezyklierter Ausgangsstoffe.»

«Zementarmer Beton ist nicht nur nachhaltig, sondern auch kostengünstiger.»

Simone Stürwald, Professorin für Bauingenieurwesen,
Fachhochschule OST

OptimiX entsteht nach den Prinzipien agiler Software-Entwicklung. Nach und nach werden neue Funktionen ausgerollt und mittels Kundenfeedback verbessert. «OptimiX wird deshalb nie fertig sein, sondern sich laufend weiterentwickeln», sagt CCO Andreas Dorner. Bereits Anfang 2024 soll eine erste Version an Kunden der Dorner ASP gehen.
Im ersten Schritt wird mit AI-gestützten Prognosen gearbeitet, um das Ergebnis auf Basis der Rezeptur zu sehen. Im zweiten Schritt wird der Ablauf so automatisiert, dass das System zu jeweils vorgegebenen Betoneigenschaften ein optimiertes Rezept anbietet.

«Wenn wir es schaffen, dass der Zementverbrauch in Betonwerken um 20 Prozent zurückgeht, haben wir schon viel erreicht», sagt Simone Stürwald. Sie ergänzt: «Am Schluss ist es nicht nur eine Frage der Ökologie, sondern auch der Ökonomie. Zementarmer Beton ist nicht nur nachhaltig, sondern auch kostengünstiger.»

Wiederverwendung

Betonelemente länger nutzen

Pro Jahr werden in der Schweiz um die 4000 Gebäude abgerissen. Im Schnitt sind das 17 Millionen Tonnen Material. Das dies zu viel ist, bestreitet niemand in der Branche und Lösungsansätze gibt es einige: Neben Recycling stehen insbesondere die Umnutzung von Bestandsbauten und die Wiederverwendung im Vordergrund.

Die Menschheit steht in Bezug auf ihren Materialverbrauch an einem Wendepunkt. Auf der Erde gibt es seit Ende 2020 gleichviel menschengemachtes Material wie Biomasse. Nach einer Studie, die im Magazin «Nature» publiziert wurde, wiegen alle von uns produzierten Bauwerke, Infrastrukturen und Dinge wie Kleider, Computer oder Plastikflaschen mehr als die Gesamtheit aller lebenden Organismen. Diese Zahl lässt aufhorchen. Insbesondere auch, weil sie sich in den letzten 120 Jahren exponentiell vervielfacht hat. Was ebenfalls auffällt: Ein Grossteil des menschengemachten Materials besteht aus Beton. Expert:innen aus der Branche sind sich einig, dass wir Baustoffe vermehrt wiederverwenden oder recyceln müssen.

Bauwerke als Rohstoffminen der Zukunft
Dafür gibt es grosses Potenzial. In unseren Bauwerken befinden sich Milliarden Tonnen an hochwertigen Materialien. Zwar sind wir schon recht gut darin, diese zu recyceln, jedoch könnten wir bereits viel früher ansetzen. Innovative Ansätze zeigen auf, wie wir bereits verbautes Material vermehrt wiederverwenden könnten. Einige davon stammen von den Büros «denkstatt sàrl» und «Baubüro Insitu AG», die in den 1990er-Jahren in Basel gegründet wurden. Die beiden Schwesterunternehmen haben seither in der Branche viel angestossen. Inzwischen besteht neben ihnen auch das Unternehmen «Zirkular GmbH», bei dem die Kreislaufwirtschaft im Zentrum steht. GRAU Online hat sich mit Ben Pohl von «denkstatt» und mit Pascal Angehrn vom Baubüro «in situ» über die Möglichkeiten unterhalten, vorfabrizierte Betonelemente länger zu nutzen. 

 

Ben Pohl von «denkstatt sàrl» (Bild: zVg)
Pascal Angehrn vom Baubüro «in situ» (Bild: Julia Schöni)

Ben Pohl und Pascal Angehrn, Sie beschäftigen sich mit der umweltschonenden Nutzung von Baumaterialien. Dabei fokussieren Sie unter anderem auf die Umnutzung von bestehenden Bauten. Sie nennen das «Wieder-in-Wert-Setzung». Können Sie dies ausführen?

Ben Pohl: Wir sprechen bei uns intern von einer Nachhaltigkeitskaskade. Die Weiter- oder Umnutzung eines Gebäudes ist dabei die erste Stufe. Erst danach folgen Schritte wie Wiederverwendung von Bauteilen oder Recycling. Wenn wir von «Wieder-in-Wert-Setzung» sprechen, beinhaltet dies einen ganzen Prozess. Dabei stellen wir uns als erstes die Frage: Was kann die Substanz eines Gebäudes noch leisten? Danach folgen die Abklärungen zur potenziellen neuen Nutzung. Was könnte dieser Bau in Zukunft beherbergen? Welche Menschen oder Firmen würden in dieses Umfeld passen? Wir versuchen, das Gebäude als Potenzialraum zu lesen. Könnte hier in Zukunft Gemüse wachsen, könnte ein Hotel daraus entstehen, neue Werkstätten oder Wohnraum? Bei der Beantwortung helfen uns die zukünftigen Nutzer:innen selbst.

Ob Handwerk oder Wohnen, wir suchen für die alten Gebäude Menschen, die etwas darin machen möchten. In der Regel gibt es davon immer genug. Wir suchen dann den «best-match», bei dem die zukünftige Nutzung und die Art des Gebäudes am besten zusammenpassen. Dann wissen wir auch, wieweit die Gebäude baulich angepasst oder ertüchtigt werden müssen.  

Pascal Anghern: Das Erstaunliche und Faszinierende dabei ist: Meist gibt es im Prozess mit unseren Partner:innen einen Schlüsselmoment, einen Switch, wo auf einmal alle den enormen Wert des Gebäudes wiedererkennen. Und zwar auf ökologischer, ökonomischer und auf emotionaler Ebene. Das passiert manchmal sogar bei Projekten, denen wir anfangs wenig Potenzial zugeschrieben hatten.

Warum ist die Umnutzung aus Ihrer Sicht besser als ein Neubau?

Ben Pohl: In der Schweiz werden pro Jahr im Schnitt 4000 Gebäude abgebrochen. Daraus resultiert Abbruchmaterial von 17 Millionen Tonnen. Bei einem Grossteil dieser Gebäude wäre eine Umnutzung die nachhaltigere Lösung.

Doch ich muss einräumen: So wie wir heute Ökonomie definieren, sind Umnutzungen oft weniger Ertragreich als Neubauten. Das sähe ganz anders aus, wenn wir die Gesamtrechnung anders aufstellen würden. Wir müssten die graue Energie, die Emissionen, die durch den Neubau sowie den Abbruch entstehen, und die gesamten Klimafolgekosten mit in Rechnung stellen. Denn als Gesellschaft zahlen wir am Ende auch diese Kosten. Hierin liegt das grosse Missverhältnis. Wir versuchen bei «denkstatt» daher mit Referenzprojekten zu beweisen, dass auch die ökonomische Komponente nachhaltig funktionieren kann.

Wenn es doch zu einem Gebäudeabbruch kommt, besagt Ihre Nachhaltigkeitskaskade, dass die Wiederverwendung der Baumaterialien noch vor dem Recyclingprozess zum Tragen kommen soll. Gibt es dazu bereits Pionierprojekte, die auch die Wiederverwendung von Betonfertigteilen beinhalten?

Pascal Angehrn: Vorfabrizierte Betonelemente eignen sich generell sehr gut für den Wiedereinbau. Man muss sie teilweise downgraden, vom Aussen- in den Innenraum zum Beispiel, doch sie könnten mit relativ wenig Aufwand wieder verbaut werden. Das haben wir beim Werkstatt-Areal in Zürich als Pionierprojekt umgesetzt. Dort bauen wir die alten SBB-Werkstätten zu einem Standort für gewerbliche und industrielle Innovationsbetriebe um. Hier haben wir bestehende Betonelemente als Fundationen wiedergenutzt.

Ein zweites Beispiel ist die Analyse über das Hochhaus des Triemlispitals in Zürich, die von unserer Schwesterfirma Zirkular durchgeführt wurde. Dabei konnten wir beweisen, dass die vorfabrizierten Betondeckenplatten von 1963 rückgebaut und wiederverwendet werden können.

Ben Pohl: Als Betonelementehersteller muss ich mir dabei natürlich die Frage stellen: «Wie mache ich zukünftig ein Geschäft, wenn in 30 Jahren nur noch bestehende Elemente von A nach B verbaut werden?»

Wie sagen Sie diesen Elementeproduzenten, dass es doch der richtige Weg ist?

Ben Pohl: Wir hatten bereits ähnliche Diskussionen mit einem Hersteller von Aluminiumfassaden und sind bei der Suche nach Lösungen darauf gekommen, dass man über die Organisationsmodelle der Ökonomie nachdenken muss. Wir haben heute eine Wirtschaftsordnung, die darauf basiert, dass Geschäfte oft an Dinge gekoppelt sind. Je mehr Lavabos ich verkaufe, desto erfolgreicher bin ich. Man muss also dafür sorgen, dass die Leute alle zehn Jahre ein neues Lavabo wollen. Das ist absoluter Unsinn. Das ist eine an Ressourcen gekoppelte Definition von Erfolg.

Es wäre doch eine Möglichkeit, zu sagen: «Ich verkaufe meine Betonelemente nicht an den Bauherren. Ich vermiete sie nur.» So bleibe ich als Hersteller dauerhaft in der Eigentümerschaft. Das könnte dazu führen, dass die Elemente vermehrt so hergestellt würden, dass ein Rückbau und Wiedereinbringen möglich sind. Es würde eventuell auch dazu führen, dass die Erstellungskosten von Gebäuden attraktiver würden, denn der Bauherr müsste den Stahlbeton nicht kaufen, sondern würde ihn über die Betriebseinnahmen des Gebäudes laufend finanzieren. Wir denken, dass die entscheidenden Innovationen nicht nur technisch sind, sondern vor allem auch im Bereich der Geschäftsmodelle liegen.

Bei der Umnutzung des Werkstatt-Areals in Zürich wurden bestehende Betonelemente als Fundationen wiedergenutzt. (Bild: Martin Zeller)

Kennen Sie bereits gute Beispiele für solche Geschäftsmodelle?

Pascal Angehrn: Beim Holzbau in Deutschland ist dieser Change bereits in vollem Gang. Es gibt deutsche Holzbauunternehmen, die den Rückbau von Holzelementen garantieren. Und das machen sie nicht in erster Linie aus ethischen, ökologischen Überlegungen, sondern im Wissen, dass sich der deutsche Wald in den nächsten 30 Jahren so verändern wird, dass nicht mehr genug Rohstoffe vorhanden sein werden. Der momentane Holzschlag ist mit 130 Prozent schon über dem Limit.

Aber es ist schon so, dass viele dieser Umnutzungs- und Wiederverwendungsprojekte auch kostenintensiv sind. Oder würden Sie dem Wiedersprechen?

Pascal Angehrn: Aus unserer Erfahrung muss das nicht sein. Wir können bei einer Umnutzung den gesamten Transformationsprozess im Durchschnitt um 30 Prozent günstiger gestalten, als wenn wir das Gebäude abreissen und neu bauen. Die Voraussetzung dafür ist, dass der bereits erwähnte «best-match» stimmig ist. Und dass man potenziellen Akteure möglichst früh im Prozess herbeiführt.

Ben Pohl: Dem stimme ich vollkommen zu, muss aber ergänzen, dass eines der grossen Argumente für den Ersatzneubau ja ist, dass auf demselben Boden mehr Nutzfläche oder Wohnraum entstehen kann. Das geht vielfach auch durch Aufstockungen oder Nachverdichtungen auf dem Bestand, mit Umnutzungen und Umbauten lassen sich diese Maximierungen jedoch nicht immer erreichen. Wenn ich den Boden also zu teuer erworben habe und gezwungen bin, die Ausnutzung ans Maximum zu bringen und mein Bestand dieses Maximum nicht möglich macht, dann kann ich als Investor:in oft gar nicht umnutzen, obwohl eine Umnutzung sogar günstiger wäre. Ich muss dann nach der Logik der Excel-Tabellen neu bauen, weil der vorherige Bodeneigentümer die Nachhaltigkeit durch seinen zu hohen Verkaufspreis schon verhindert hat.

Worauf muss dann heute bei einem Neubau geachtet werden, damit der Rückbau von Beginn weg mitgedacht werden kann?

Pascal Angehrn: Bei unseren Analysen der Bausubstanzen zeigte sich, gerade mit vorfabrizierten Betonelementen ist dies relativ einfach. Diese müssten bei der Planung bereits so konzipiert werden, dass eine spätere Wiedernutzung möglich ist. Auch im Bereich der digitalen Kategorisierung sind wir weit, ob das jetzt auf einem BIM-Modell basiert oder zum Beispiel über eine Plattform wie madaster.ch organisiert wird. Der Krux ist: Heute ist es noch immer einfacher und billiger, das Ganze vor Ort zu betonieren. Spannend aber ist: Seit wir und andere Gestalter:innen anhand von gebauten Projekten bewiesen haben, dass es möglich ist, kann man sich nicht mehr dahinter verstecken, dass es nicht geht.

Wie gehen Sie mit Elementen aus Rückbauten um, die nicht sofort einer neuen Verwendung zugeführt werden können?

Pascal Angehrn: Wir haben lernen müssen: Das Lagern von Material ist ökonomisch nicht sinnvoll. Wir müssen versuchen, die Materialien direkt auf die neue Baustelle zu liefern. Wir haben bisher wenig grosse, zugängliche Lager gefunden, die wir bespielen könnten. Es ist eine Riesenherausforderung, die man ebenfalls von Beginn weg mitdenken muss.

Ben Pohl: Oder man kreiert ein Zwischenlager, das einen Gebrauchswert hat.  Das machen wir zum Beispiel bei dem Projekt Hardturmstrasse in Zürich, wo wir abgeschnittenen Beton als temporäre Freiraumelemente nutzen.

Pascal Angehrn: Die immense Rückbautätigkeit in der Schweiz erlaubt es uns aber auch, «on demand» zu suchen. Dafür haben wir eigens einen neuen Beruf erschaffen, den Bauteiljäger respektive die Bauteiljägerin, die über unsere Schwesterfirma Zirkular organisiert sind. Sie durchforsten das Netzwerk, das wir uns aufgebaut haben, und finden fast immer etwas Passendes.

Und was passiert, wenn in Zukunft weniger rückgebaut wird?

Pascal Angehrn: Vorerst ist bei Weitem noch genug Material vorhanden. Gleichzeitig sind wir ja dabei, sehr gute digitale Strukturen aufzubauen, die uns dabei helfen, die richtigen Materialien für ein Bauprojekt zu finden. Es wäre eine falsche Ausrede, aufgrund dieses Arguments nichts zu machen.

Ben Pohl: Durch diese Fragestellung wird allerdings auch einer der Wiedersprüche sichtbar. Dass man nämlich aufpassen muss, Strukturen zu schaffen, welche die ganze verbaute Welt als Organspender ansehen. Grundsätzlich haben alle Strukturen immer den Drang, selbsterhaltend zu sein. Wenn wir ein grosses Bauteilwiederverwertungsbusiness etablieren, wird dieses neue Geschäftsfeld als Selbsterhaltungstrieb Projekte nur noch auf dieser Basis betrachten. Und widerstrebt natürlich der ersten Ebene der Nachhaltigkeit, nämlich, das Gebäude möglichst lange zu erhalten. Wir sehen den Bereich der Bauteilwiederverwendung als Brückentechnologie, denn es gilt aus unserer Sicht immer anzustreben, die Lebenszyklen der Baustrukturen möglichst zu verlängern. 

Viele in der Branche plädieren dafür, unsere Bauweisen anzupassen, um eine längere Nutzung respektive auch die Wiederverwendung konsequent mitzudenken. Wer aber weiss, was wir in 80 Jahren brauchen werden?

Pascal Angehrn: Aus architektonischer Perspektive bedeutet das, wir müssen Gebäude so erstellen, dass eine Aneignung möglich ist – in der Konstruktion und in der Ausformulierung der Details. Wir müssen Konstruktionen so gestalten, dass sie zugänglich, rückbaubar und anpassbar sind. Das heisst aber auch, die architektonische Formsprache wird sich verändern.

Ben Pohl: Es gibt dazu bereits gute Beispiele. Wenn wir 100 Jahre zurückschauen, finden wir eine Architektur, welche die Zeit überlebt hat. Diese Bauten weisen bis heute eine sehr hohe Qualität auf. Wenn wir sie sanieren, sind es vor allem Elektro- und Wasserleitungen, die ersetzt werden müssen. Und wenn ich mir überlege, was in 100 Jahren sein könnte: Die Menschen werden weiter wohnen wollen, sie werden nicht übermässig wachsen oder schrumpfen, und sie werden aus Fenstern schauen wollen. Bauen wir doch so, dass unsere Enkel noch in unseren Gebäuden arbeiten und wohnen können und Gebautes nicht obsolet wird.

Pascal Angehrn: Was mir persönlich dabei grosse Freude bereitet: In der Architekturszene findet dieses Umdenken bereits statt. Es gibt innovative Büros, die das Potenzial des Bestandes lesen können und mit wiederverwendbaren Bauteilen neu denken, was eine neue Architektursprache generiert.

Vorteile der Vorfabrikation

Höhere Qualität, kleineres Sicherheitsrisiko

Wer kennt die Vorteile der Betonvorfabrikation besser als unsere direkten Abnehmer:innen? Matthieu Meyer ist Leiter Direktion Einkauf bei der Immobilienentwicklerin und Totalunternehmung Losinger Marazzi mit Sitz in Bern. Im Interview erzählt er, welche positiven Attribute er mit Betonfertigteilen verbindet und wie man aus seiner Sicht den CO2-Fussabdruck von Beton weiter verringern könnte.

Matthieu Meyer, wenn Sie ein Projekt planen, werden vorfabrizierte Betonelemente automatisch in Betracht gezogen?
Ja, wenn die Struktur des Gebäudes aus Beton geplant ist, werden bestimmte Elemente systematisch als vorfabrizierte Betonelemente eingeplant. Zum Beispiel Stützen, Treppen, Doppelwände oder Fassaden.

Was sind aus Ihrer Sicht die Vorteile der Vorproduktion im Bereich Beton?
Die Verwendung von Betonfertigteilen minimiert das Sicherheitsrisiko auf den Baustellen, weil sich nicht zu viele Gewerke gleichzeitig auf der Baustelle befinden. Dazu kommt: Die Qualität von vorgefertigten Betonelementen ist höher als beim Ortbeton, weil die Elemente unter kontrollierten Bedingungen im Werk hergestellt wurden. Das ermöglicht uns in manchen Fällen, besondere architektonische Anforderungen zu erfüllen. Und schliesslich ermöglicht uns die Vorfabrikation eine bessere Einhaltung der Terminpläne und der damit verbundenen Kosten.

Die Erneuerung des Spenglerparks in Münchenstein BL umfasste die Aufstockung des bestehenden Baus um zwei neuer Geschosse sowie die Totalsanierung des Bestandes. Dabei wurden diverse vorfabrizierte Betonelemente in die bestehende Tragstruktur eingebaut.

Nutzten Sie Betonfertigteile auch bei Infrastrukturbauten?
Aus Gründen der Dichtigkeitsklasse und der Garantie verwenden wir in der Infrastruktur unserer Gebäude nur sehr wenige vorgefertigte Elemente. Wir verwenden diese insbesondere bei Komponenten, die mit dem Baugrund in Berührung kommen.

Gibt es ein aktuelles Projekt, bei dem Sie Betonvorfabrikate einsetzen, und was daran finden Sie besonders gelungen?
Die Verwendung von Betonfertigteilen beim Stadterneuerungsprojekt Spenglerpark in Münchenstein ermöglichte es uns, mit den Herausforderungen eines bestehenden Gebäudes umzugehen. Ein weiteres Projekt ist der Neubau der Post in Delémont, das ebenfalls bereits an den Bauherrn übergeben wurde und bei dem eine grosse Anzahl von Betonfertigteilen eingesetzt wurde. Hier ging es insbesondere darum, den Anforderungen des Architekten und des Bauherrn hinsichtlich des Terminplans und der Qualität gerecht zu werden, gerade auch, weil die ganze Fassade aus Betonfertigteilen besteht.

Wie wichtig ist es für Sie als Unternehmen, dass Rohstoffe regional produziert werden?
Sehr wichtig. Als verantwortungsbewusstes Unternehmen hinsichtlich der ESG-Nachhaltigkeitskriterien, steht bei uns zunächst die richtige Materialwahl im Vordergrund. Wir bevorzugen dabei die Verwendung von lokalen Rohstoffen, und berücksichtigen dies bereits in der Planungsphase unserer Projekte. Lokale Rohstoffe verringern die Transportauswirkungen auf die CO2-Bilanz beträchtlich. Wird der Baustoff Beton aus technischen Gründen gewählt, dann ist uns auch hier wichtig, dass für die Herstellung, insbesondere bei der Auswahl der Granulate für die Fertigteilfassaden, regionale Produkte zum Einsatz kommen.

Beim Neubau der Post in Delémont JU kommen vorfabrizierte Fassadenelemente aus Beton zum Einsatz.

Würden Sie Betonvorfabrikate als regionales Produkt bezeichnen?
Dies hängt sehr von der Art der vorgefertigten Elemente und den Anforderungen innerhalb eines spezifischen Projekts ab. Leider ist es nicht immer möglich, einen lokalen Partner zu finden.

Im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeitsdiskussion ist Beton bisher eher verpönt. Wie könnte man dieses Image aufbessern?
Seit 2021 messen wir den CO2-Ausstoss von allen in unseren Projekten eingesetzten Materialien. Beton fällt hier schwer ins Gewicht, weil er Zement beinhaltet. Darum versuchen wir aktuell in einem ersten Schritt, gemeinsam mit unseren Partnerlieferanten, zuverlässige, zertifizierte Daten über den CO2-Ausstoss von Beton zu erhalten. Hier fehlt es derzeit an vielen Orten noch an der Transparenz. Andererseits sind wir aktiv daran, die Branche zu pushen, um den CO2-Fussabdruck von Beton zu verbessern. Dementsprechend sind wir sehr offen für innovative Produkte, die es ja auch zum Teil schon gibt. Letztlich gilt auch, dass wir den Betonverbrauch möglichst auf die Bereiche konzentrieren, in denen das Material wirklich notwendig ist.

Gibt es andere Anwendungen, wo Betonelemente zur Nachhaltigkeit eines Baus beitragen können?
Aus unserer Erfahrung gibt es zwei mögliche Anwendungen. In Bestandsbauten geht es zunächst darum, die bestehenden Strukturen zu erhalten und zum Beispiel durch eine Aufstockung oder einen Anbau zu verdichten. Hier gibt es interessante technische Lösungen, um bestehende Betonstrukturen in Parkplätzen als Wärmespeicher zu nutzen. Im Neubau ist es aus unserer Sicht derzeit nicht sinnvoll, aktiv mehr Beton zu verbauen, um eine höhere thermische Masse zu erzielen oder um diesen als Energiespeicher zu nutzen. Unser Ziel bleibt, die aus statischer Sicht notwendige Betonmenge einzusetzen.

«Beton bleibt ein hervorragendes Material, das eine hohe Festigkeit, eine einfache Verarbeitung und einen klaren wirtschaftlichen Vorteil bietet.»

Matthieu Meyer

Wie geht die Firma Losinger Marazzi mit dem Thema Recycling um?
Bei Losinger Marazzi streben wir schon seit vielen Jahren eine maximale Nutzung von Recycling-Betongranulat an. So wird zum Beispiel auf der Baustelle Quai Vernets Abbruchmaterial direkt vor Ort in die neue Betonmischung eingearbeitet. Derzeit untersuchen wir zudem die Machbarkeit der direkten Wiederverwendung von Betonelementen, konnten hier aber noch keine Projekte umsetzen. Aber wir haben beispielsweise beim Projekt Burgernziel in Bern mit dem Start-up Neustark zusammengearbeitet. Das Unternehmen entfernt mit seiner Technologie CO2 aus der Atmosphäre und speichert dieses in recyceltem Betongranulat.

Wie sehen Sie die Zukunft des Baustoffs Beton?
Was den CO2-Fussabdruck von Beton betrifft, müssen wir alle unsere Anstrengungen vereinen, um seine Auswirkungen auf die Umwelt zu verringern. Hier sind wir daran, Innovationen zu testen und sind bereit, diese mit unseren Projektpartnern umzusetzen. Beton bleibt ein hervorragendes Material, das eine hohe Festigkeit, eine einfache Verarbeitung und einen klaren wirtschaftlichen Vorteil bietet. Ausserdem haben wir in der Schweiz im Bereich Beton eine grosse industrielle Produktionskapazität und eine starke lokale Vernetzung. Deswegen wird sicherlich Beton auch in Zukunft als Baustoff eingesetzt werden.

Matthieu Meyer ist Leiter Direktion Einkauf bei der Immobilienentwicklerin und Totalunternehmung Losinger Marazzi AG.
Vorteile der Vorfabrikation

Verkürzte Bauzeit, geringere Baukosten

Wer kennt die Vorteile der Betonvorfabrikation besser als unsere direkten Abnehmer:innen? Simon Gemperle ist Lead Buyer für Betonelemente bei der Implenia Schweiz AG mit Sitz in Opfikon ZH. Im Interview erzählt er, warum er nicht auf den Einsatz von Betonfertigteilen verzichten möchte und wie sie aus seiner Sicht zu mehr Nachhaltigkeit im Betonbau beitragen könnten.

Simon Gemperle, wenn Sie ein Projekt planen, werden vorfabrizierte Betonelemente automatisch in Betracht gezogen?
Grundsätzlich prüfen wir bei jedem Projekt einen möglichen Einsatz von Betonfertigteilen. Ich beobachte jedoch, dass in der Schweiz das volle Potenzial dieser Elemente noch nicht ausgenutzt und in vielen Bereichen die Ortbetonbauvariante vorgezogen wird. Die Entscheidung für oder gegen den Einsatz von Elementen wird nicht zuletzt vom Architektur- oder Ingenieurbüro des jeweiligen Projektes beeinflusst. Ich persönlich bin überzeugt, dass der Einsatz von Elementen in Zukunft an Bedeutung gewinnen wird.

Warum?
Der Einsatz von vorfabrizierten Betonelementen kann bereits heute dazu beitragen, die Bauzeit zu verkürzen und die Kosten zu optimieren. Zusätzlich können durch eine werkseitige Qualitätskontrolle mögliche Mängel frühzeitig erkannt und behoben werden, was zu einem reibungslosen Bauablauf beiträgt. Im Übrigen bietet der Einsatz dieser Elemente neben der verlässlichen Qualität Vorteile wie eine geringere Abhängigkeit von Witterungsbedingungen auf der Baustelle und eine zuverlässigere Überwachung der Baukosten.

In welchen Bereichen sind vorfabrizierte Betonelemente unersetzlich?
Elemente können grundsätzlich immer auch in Ortbeton hergestellt oder durch ein anderes Material ersetzt werden. Bei Projekten im Infrastruktur- oder im Tunnelbau bieten industriell vorfabrizierte Betonelemente jedoch die bereits erwähnten, signifikanten Vorteile.

Simon Gemperle ist Lead Buyer für Betonelemente bei der Implenia Schweiz AG.

Warum nutzten Sie Betonfertigteile auch bei Infrastrukturbauten?
Bei Infrastrukturprojekten herrscht meist grosser Zeitdruck. Bei Strassenbauprojekten etwa wird oft der Verkehrsfluss beeinträchtigt. Vorgefertigte Betonelemente, die just-in-time auf die Baustelle geliefert werden, können dazu beitragen, dass Sperrungen verkürzt oder ganz vermieden werden.

Gibt es ein aktuelles Projekt, bei dem Sie Betonvorfabrikate einsetzen, und was daran finden Sie sehr gelungen?
Betonvorfabrikate kommen in irgendeiner Form bei nahezu all unseren Projekten zum Einsatz. Ein konkretes Beispiel ist das Projekt Brenner Basistunnel, wo wir die Tunnelwände mit vorgefertigten Tübbingen auskleiden, die wir in einem Werk direkt auf dem Baustellenareal passgenau und umweltfreundlich herstellen.

Wie wichtig ist für Sie als Unternehmen, dass die Rohstoffe, die Sie verwenden, regional produziert werden?
Wir versuchen, die Transportwege so kurz wie möglich zu halten. Das kommt der Umwelt zugute und stärkt gleichzeitig die lokale Wirtschaft. Für Implenia hat das Thema Nachhaltigkeit einen sehr hohen Stellenwert – als einer unserer fünf Unternehmenswerte ist Nachhaltigkeit seit 2009 fest in unserer Kultur verankert. Unser Anspruch ist es, das Thema gesamtheitlich zu denken und in allen Dimensionen – Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft – führend zu sein.

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Die Tübbinge für den neuen Brenner Basistunnel werden direkt vor Ort vorfabriziert.

Würden Sie Betonvorfabrikate als regionale Produkte bezeichnen?
Wir kaufen generell und wo immer möglich Betonvorfabrikate regional ein beziehungsweise stellen sie sogar wie beim Projekt Brenner Basistunnel direkt auf dem Baustellengelände her. Nur bei sehr grossen und komplexen Elementen werden zum Teil auch längere Distanzen zu den Elementwerken erforderlich.

Im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeitsdiskussion ist Beton bisher eher verpönt. Wie könnte man dieses Image aufbessern?
Bei der Beurteilung der CO2-Bilanz von Beton ist es wichtig, den gesamten Lebenszyklus zu berücksichtigen. Dieser schliesst neben der Produktion auch die Förderung von Rohstoffen, den Transport, die Verarbeitung, die – zum Teil sehr lange – Nutzung oder die Wiederverwertung ein. Durch die Verwendung von Recyclingbeton können Emissionen gesenkt werden, insbesondere wenn diese wie einleitend beschrieben den ganzen Lebenszyklus umfassen.

Gibt es andere Anwendungen, wo Betonelemente zur Nachhaltigkeit eines Baus beitragen können?
Betonelemente können in verschiedenen Bereichen zur Nachhaltigkeit eines Baus beitragen. In Fassaden oder Böden etwa können sie so gestaltet werden, dass sie Sonnenenergie absorbieren und speichern. Die so entstandene Wärme wird dann im Lauf des Tages langsam freigesetzt, um die Innentemperatur zu regulieren und den Energiebedarf für die Heizung zu reduzieren. Ich denke in diesem Zusammenhang auch an thermische Massenspeicherung oder Wärmerückgewinnung, natürlich immer auch in Hinblick auf einen möglichen Überhitzungseffekt.  

«Aufgrund seiner Haltbarkeit, Festigkeit und seinen vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten wird Beton auch in Zukunft aus der Bauindustrie nicht wegzudenken sein.»

Simon Gemperle

Wie geht die Implenia mit dem Thema Recyling um? Und werden zum Beispiel Elemente aus Abbruchgebäuden wiederverwendet?
Wir stellen fest, dass gebrauchte Betonelemente normalerweise nicht wiederverwendet werden können. Implenia setzt aber wo immer möglich auf Recycling und die Kreislaufwirtschaft und hat 2021 auf einem Industriegelände in der Genfer Gemeinde Satigny eine Plattform zur Aufbereitung von Aushub- und Rückbaumaterialien errichtet. Die aufbereiteten Gesteinskörnungen stehen dann zur Herstellung von Recyclingbeton bereit.

Wie sehen Sie die Zukunft des Baustoffs Beton?
Ich sehe eine Kombination von Tradition und Innovation: Aufgrund seiner Haltbarkeit, Festigkeit und seinen vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten wird Beton auch in Zukunft aus der Bauindustrie nicht wegzudenken sein. Die Forschung zu diesem Baustoff läuft auf Hochtouren und neue Technologien wie etwa vorfabrizierte Elemente aus ultrahochfestem Beton oder die Herstellung von Betonelementen im 3D-Druckverfahren könnten in Zukunft eine wichtige Rolle spielen.

Implenia betreibt seit 2021 ein Werk zur Aufbereitung von Aushub- und Rückbaumaterialien im Kanton Genf.

Ein besonders langes Leben

Was aus Beton gebaut ist, hält – sehr lange. Kaum ein anderer Baustoff verfügt über eine solch verlässliche Dauerhaftigkeit. Die Langlebigkeit ist, wenn es um nachhaltiges Bauen geht, ein überaus geschätztes Kriterium. Und gerade hier haben vorfabrizierte Betonelemente einen besonderen Vorteil: Sie können auch bei einem Gebäudeabbruch 1:1 einer neuen Verwendung zugeführt werden.

Der beste Beweis für die Langlebigkeit von Beton ist die Leichtbeton-Kuppel des Pantheons in Rom. Sie wurde zwischen 100 und 125 n.Chr. erbaut und steht heute noch. «Für mich ist es eine Meisterleistung der Menschheit, dass sie vor über 2000 Jahren das Geheimnis des Betons entdeckte», sagt Adrian Forrer. Er leitet den Bereich Nachhaltigkeit der MÜLLER-STEINAG Gruppe und verfügt als Geologe über einen naturwissenschaftlichen Hintergrund: «Als Geologe lernte ich viele Fremdwörter. So kann man Beton im Geologen-Jargon auch als anthropogenes Gestein bezeichnen. Ein Gestein, das vom Menschen gemacht wurde.» Adrian Forrer war schon immer beeindruckt vom Rezept des Betons: «Mir imponiert seine natürliche Zusammensetzung aus weltweit verfügbaren mineralischen Rohstoffen Sand, Kies, Mergel und Kalk sowie aus Wasser.» Diese Zusammensetzung bringt ein Material mit enormen mechanischen und physikalischen Eigenschaften hervor. Dazu gehört, dass Beton besonders lange hält.

Die Lebensdauer nutzen
Beton steht in der Kritik. Besonders, weil für die Herstellung des Bindemittels Zement viel CO2 ausgestossen wird. Die Emissionen relativieren sich allerdings mit den Anzahl Jahren, in denen ein Betonbau genutzt wird. Leider wird dem aber in der gängigen Praxis nicht immer Rechnung getragen. Besonders im Hochbau wird gute Bausubstanz oft ohne Not abgebrochen und durch Neubauten ersetzt. Dadurch geht die ganze Energie, die für den Bau aufgewendet wurde, verloren. Der Abriss und der Neubau verzehren weitere Energie.

Sanierung statt Abriss
Weit geringer ist der Energieaufwand bei der Sanierung eines Gebäudes oder dessen architektonischer Ergänzung. Enormes Potenzial für die Einsparung von CO2: «Kann ein Gebäude umgenutzt statt abgerissen werden, so ist der Beitrag zur Nachhaltigkeit fast immer optimal. Ein gutes Beispiel dafür ist das Felix Blatter Spital in Basel, dass zu einem Wohnblock umgenutzt und nicht, wie ursprünglich geplant, abgerissen wurde.»

Bauten, die technisch ihren Anforderungen genügen, sollten eine zweite Chance erhalten, davon ist Adrian Forrer überzeugt. An der ETH in Zürich wird aktuell am Thema regenerative Architektur geforscht und damit ein altes Credo neu aufgegriffen: Bestehendes möglichst lange nutzen. «Es findet ein Umdenken statt, auch in unserer Branche», sagt Adrian Forrer. «Viele Produzenten von vorfabrizierten Betonelementen arbeiten mit den Forschungsabteilungen der Hochschulen zusammen, um neue Lösungen voranzutreiben.»

«Kann ein Gebäude umgenutzt statt abgerissen werden, so ist der Beitrag zur Umweltleistung fast immer optimal.»

Adrian Forrer, Leiter Nachhaltigkeit, MÜLLER-STEINAG Gruppe

Beton bleibt im Kreislauf
Ein Ansatz dabei ist das Recycling von bestehendem Baumaterial. Wird ein Gebäude abgerissen, sollen bestehende Betonelemente wiederverwendet werden. Wie etwa bei der umfassenden Sanierung eines Bürogebäudes an der Müllerstrase in Zürich. Die Liegenschaft wird aktuell bis auf die Betontragstruktur vollständig rückgebaut. Dabei werden alle Elemente und Materialen katalogisiert und wo immer möglich wiederverwertet (siehe auch Artikel von Beton Suisse).

Ist die Wiederverwendung eines Elements nicht möglich, gibt es eine weitere Option. Beton kann als Granulat aufbereitet und als Betonzuschlagstoff wieder zum Einsatz kommen. «Beton ist unsterblich», sagt Adrian Forrer. «Da seine Zusammensetzung absolut mineralisch ist, kann er selbst am Ende eines mehrfachen Recyclingprozesses als Gesteinskörnung wieder der Natur übergeben werden.»

Langlebige Seeufgergestaltung

Die Promenade am Utoquai in Zürich gehört zu den schönsten und beliebtesten Orten der Schweiz. Die vielbegangene Flaniermeile zwischen dem Bellevue und dem Seefeldquai bietet einen wunderbaren Ausblick über den Zürichsee und in die Altstadt. 1971 wurde die aktuelle Seepromenade fertiggestellt. Seit über 50 Jahren also prägen die damals verbauten Betonelemente das Seeufer. Die Elemente stammen von der Zürcher Firma Stüssi AG. Insgesamt 645 Elemente mit einem Gesamtgewicht von 3800 Tonnen: Abdeckplatten, Tauchwandelemente, Trittelemente Sitzbankelemente und Elemente für die Blumenbeete. Der mobile Kran für die Montage, der für die Setzung der vorfabrizierten Abdeckplatten genutzt wurde, wurde nach dem Bau auf dem Werkhof der Firma Stüssi in Dällikon ZH installiert und verrichtet dort seither zuverlässig seinen Dienst.

Langzeitbelastung bestanden

Das Autobahnviadukt Meggenhus ist ein wichtiges Stück A1 zwischen St.Gallen und dem Bodensee. In den 1970er-Jahren entstand hier für jede Fahrrichtung eine separate Brücke. Die Brücken wurden mit Betonelementen der saw gruppe gebaut. Das Werk der saw gruppe befindet sich in Widnau im St.Galler Rheintal nur rund 25 Kilometer vom Autobahnkreuz entfernt. Seit der Eröffnung der Autobahn vor 50 Jahren rollten unzählige Autos und Lastwagen über das Autobahnviadukt Meggenhus.

Klimafreundlicher Beton

Geniale Lösung: CO₂ in Beton speichern

Beim CO₂-Fussabdruck hat Beton keinen guten Ruf. Der Baustoff ist für sieben Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Was aber wäre, wenn Beton zur Bewältigung der Klimakrise beitragen könnte? Durch die Entfernung von CO₂ aus der Atmosphäre und seiner Speicherung in Recyclingbeton zeigt das Unternehmen Neustark, wie die Betonbranche Teil der Lösung werden kann.

Valentin Gutknecht (links) und Johannes Tiefenthaler gründeten zusammen die Firma Neustark.

An der ETH forschte Johannes Tiefenthaler an Möglichkeiten, wie man CO₂ speichern kann, anstatt es in die Atmosphäre entweichen zu lassen. Die gleiche Vision verfolgte Valentin Gutknecht, der einen wirtschaftlichen Hintergrund hat und zuvor bei Climeworks arbeitete. Über einen gemeinsamen Kontakt trafen sich die beiden – die Idee für Neustark war geboren.
Schnell war für die Gründer klar, dass der Baustoff Beton ihr CO₂-Speicher werden soll. «Beton war für unser Vorhaben der ideale Träger», sagt Valentin Gutknecht, der das Unternehmen heute als Co-CEO mitleitet. «Das Bruchmaterial aus dem Rückbau ist der grösste Abfallberg weltweit. Zudem ist die Produktionskette für Recyclingbeton bereits etabliert. So kann unsere Technologie einem bestehenden Prozess hinzugefügt werden.»

«Wir bringen das CO₂ in seine Urform zurück und schliessen damit einen Kreislauf.»

CO2 in Kalkstein verwandeln

Zusätzlich von Bedeutung war, dass sich Beton auch in der chemischen Zusammensetzung für die CO2-Speicherung eignet. CO2 verwandelt sich, wenn es in Kontakt damit kommt, in Kalkstein und kann so dauerhaft gespeichert werden. «Die Mineralisierung von CO₂ ist die permanenteste Form von CO2-Speicherung», sagt Valentin Gutknecht. «Auch Zement wurde ursprünglich aus Kalkstein produziert. Wir bringen das Kohlendioxid also in seine Urform zurück und schliessen damit einen Kreislauf.»
An das CO2 gelangen die Jungunternehmer bei bestehenden Biogasanlagen. «Wenn die Biomasse vergärt, entsteht CO2, das in die Luft gelangt», erklärt Valentin Gutknecht. «Wir setzen quasi eine Kappe auf den Kamin und saugen das Gas ab, komprimieren und kühlen es, so dass es verflüssigt. So können wir es zu den Betonrecyclingunternehmen transportieren.» Dort angekommen wird das flüssige Kohlendioxid mit der von Neustark entwickelten patentierten Technologie dem Betonrückbaumaterial zugefügt und mineralisiert.

Grosses Potenzial für Netto-Null-Ziel

Mit seiner Methode kann Neustark rund 10 Kilogramm CO2 in einem Kubikmeter Beton speichern. Um diese Zahl einzuordnen, macht Valentin Gutknecht ein Rechenbeispiel: Aktuell produzieren wir in der Schweiz 40 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr. Das Bundesamt für Umwelt geht davon aus, dass wir es bis 2050 schaffen, die Emissionen um rund 90 Prozent zu reduzieren. Das Ziel bleibt aber Null Emissionen. Gemäss Valentin Neustark kommen wir also nicht darum herum, einen Teil des Kohlendioxids einzulagern. «Wenn wir unsere Technologie konsequent anwenden, könnten wir bis 2050 bis zu einer Million Tonnen davon im Beton mineralisieren», sagt Gutknecht.
Wie aber verhält sich der CO2-Beton in der Anwendung im Vergleich zur herkömmlichen Mischung? Valentin Gutknecht betont, dass in Sachen Qualität und Konformität keine Kompromisse gemacht werden müssen. Im Gegenteil: «Der Kalkstein aus dem CO2 entsteht im Produktionsprozess dort, wo es Platz hat, sprich in den Zwischenräumen und den Poren des Gesteins. Das heisst, der neu entstandene Beton besteht aus sehr dichtem Material und somit eher druckfester als herkömmlicher Beton.»

«Grundsätzlich kann jeder Betrieb, der Recyclingbeton einsetzt, die Technologie nutzen.»

Auch für Produzenten von Betonelementen interessant

Seit der Gründung des Unternehmens 2019 hat Neustark bereits Anlagen an sieben Produktionsstätten verkauft, die im Verlauf des Jahres in Betrieb gehen. Diese sind über die ganze Schweiz verteilt, konzentrieren sich aber aktuell noch auf die Ballungszentren. Auch Hersteller von vorfabrizierten Betonelementen könnten auf diese Technologie setzen, ist Valentin Gutknecht überzeugt: «Grundsätzlich kann jeder Betrieb, der mit Recyclingbeton arbeitet, unsere Technologie nutzen. Unternehmen, die aufgrund eines kleinen Materialverbrauchs selbst kein Rückbaumaterial verarbeiten, können trotzdem mit uns Kontakt aufnehmen. Wir vernetzen sie mit dem nächstgelegenen Recyclingbetrieb.»

«Wir möchten die gesamte Baustoffbranche einladen, Teil der Lösung zu werden.»

Valentin Gutknecht, Co-CEO Neustark

CO2-neutraler Beton bis 2025

Wegen der steigenden Nachfrage sind mittlerweile 15 Mitarbeitende bei Neustark beschäftigt. Bereits ist die Entwicklung einer zweiten Technologie zur Mineralisierung von CO2 im Gang, die es dem Unternehmen ermöglichen soll, bis 2025 einen CO2-neutralen Beton herzustellen. «Unsere Vision ist, den Beton vom Teil des Problems zum Teil der Lösung zu machen. Wir haben etwas Handfestes, das funktioniert. Darum möchten wir die gesamte Baustoffbranche einladen, mit uns zusammenzuarbeiten und Teil dieser Lösung zu werden.»

Produkte möglichst lange Nutzen

Es lebe die Langlebigkeit

Weitergeben, Wiederverwerten, Reparieren: das sind Aspekte der Kreislaufwirtschaft. In ihr werden Produkte und Materialien möglichst lange in Umlauf gehalten. Was noch zu gebrauchen ist, erhält ein neues Leben. Für die Verbesserung der Nachhaltigkeit in der Baubranche wird ein solcher Produktionskreislauf zum wichtigen Zukunftsfaktor.

Wegwerfen ist out. Das gilt bei weitem nicht nur für Elektronik, Kleider oder Möbel. Auch die Bauwirtschaft sorgt in verschiedenen Bereichen dafür, dass die Ressourcen wieder und wieder genutzt werden. Dadurch sparen wir primäre Rohstoffe und es entsteht weniger Abfall. Der Experte beim Bundesamt für Umwelt (BAFU) bestätigt den Trend zu mehr Nachhaltigkeit beim Bau: «Das Thema gewann in den letzten Jahren in der Bauwirtschaft enorm an Fahrt, allerdings vor allem auf konzeptioneller Ebene», sagt Dr. David Hiltbrunner. Der Geograf befasst sich als wissenschaftlicher Mitarbeiter beim BAFU mit dem Thema Kreislaufwirtschaft in der Baubranche. Im Bundesamt will man nun das Thema von der konzeptionellen Ebene «auf den Boden bringen», wie Hiltbrunner sagt. Man nutze die wachsende Bereitschaft der Unternehmen. «Die Baumaterialhersteller merken, dass sie sich im Bereich Nachhaltigkeit neu positionieren müssen. Die Kreislaufwirtschaft zieht als Verkaufsargument. Entsprechend wird das Engagement in diese Richtung verstärkt und auch kommunikativ genutzt», stellt der Experte fest und erklärt weiter: «Die Betonindustrie leidet stark unter dem Image, eine Klimasünderin zu sein. Deshalb kommt die Kreislaufwirtschaft für die Beton- und Zementhersteller wie gerufen. Hier setzen sie sich ein und können echte Produktionsalternativen bieten.»

Eile mit Weile

Der im Dezember 2021 publizierte «Statusbericht der Schweizer Kreislaufwirtschaft» zeigt auf, dass sich hierzulande noch nicht so viele Unternehmen in diese Richtung weiterentwickeln. Gemäss der Studie, die Forscher der Berner Fachhochschule in Zusammenarbeit mit der KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich durchführten, haben hierzulande erst zehn Prozent der Unternehmen substanziell Massnahmen ergriffen, um die Kreislaufwirtschaft auf Unternehmensebene umzusetzen. Das heisst: Sie engagieren sich darin, weniger Abfall zu produzieren, bessere, langlebigere Produkte herzustellen und bessere Reparaturserviceleistungen anzubieten. Viele Firmen warteten noch ab, um von den Erfahrungen der «First Mover» zu profitieren, sagt Professor Tobias Stucki, Co-Leiter des Instituts für Sustainable Business an der Berner Fachhochschule. Er nennt weitere Gründe für den langsamen Fortschritt: «Die Transformation hin zur Kreislaufwirtschaft braucht seine Zeit. Etablierte Unternehmen müssen bestehende Prozesse, Produkte und Organisationen verändern, was unter Umständen länger dauern kann. Im Gegensatz dazu
kann ein Start-up von Anfang an ein Geschäftsmodell aufbauen, das auf einer Kreislaufwirtschaft beruht.»

Ressourcen-Mangel zwingt zum Umdenken

Wie so oft werden Entwicklungen beschleunigt, wenn eine gewisse Not herrscht. Zum Beispiel wird es in der Schweiz immer schwieriger, den Rohstoff Kies zu gewinnen. Das Land ist dicht bebaut, es ist nicht einfach, an neue Kiesreserven heranzukommen. Gleichzeitig wird der Platz auf Deponien knapp, um alte Baustoffe zu entsorgen. «Hier sorgt die Kreislaufwirtschaft für eine klare Win-win-Situation», ist David Hiltbrunner vom BAFU überzeugt.
Fernziel der Kreislaufwirtschaft ist es, dass Unternehmen überhaupt keinen Abfall mehr produzieren und sich der Kreis somit ganz schliesst. Mit der längeren Nutzung von bestehenden Bauten wäre allerdings auch schon viel getan. Dessen sei man sich oft zu wenig bewusst, findet David Hiltbrunner: «Wir müssen besser auf die Langlebigkeit von Beton hinweisen. Wenn diese ausgenutzt wird, ist das ein wird das zum grossen ökologischen Pluspunkt für diese Bauten.»

Das schlummernde Rohstofflager weiternutzen

Gute Beispiele gibt es bereits. Auch im Bereich der Betonvorfabrikate. So zeigte etwa eine Studie der Stadt Zürich, dass die vorgemauerten Zwischenwände und die vorfabrizierten Betondecken von den alten Triemli-Hochhäusern in Zürich an einem anderen Ort gebraucht werden können. In einem Vorreiterprojekt sollen diese nun beim neuen Recyclingcenter Juch Areal wieder zum Einsatz kommen. Ein weiteres Beispiel steht in Basel. Dort wurde kürzlich ein grosses Silogebäude aus Beton in einen neuen Ort mit viel Leben umgewandelt. Das Silo Erlenmatt behielt den ursprünglichen Charakter – und ist heute als trendiges Hostel mit Gastronomie und Projekträumen voller Leben.

Es lohnt sich auch finanziell

Professor Tobias Stucki von der Berner Fachhochschule ist sicher, dass sich Investitionen in die Kreislaufwirtschaft auch langfristig lohnen: «Einerseits geht es um eine effiziente Ressourcennutzung. Und mit einer solchen lassen sich Kosten sparen. Dazu kommt, dass sowohl der politische als auch der Druck von Konsumentinnen und Konsumenten steigen wird. Irgendwann werden Unternehmen, die sich nicht zirkulär ausrichten, ihre Produkte nicht mehr verkaufen können.»

Vom Saulus zum Paulus?

Der Baustoff Beton kann theoretisch grosse Mengen an CO₂ binden. Das Verfahren dazu steckt noch in den Kinderschuhen. Das Spin-off der ETH Zürich Neustark ist vielversprechend unterwegs. Die Forscher des Start-ups haben ein Verfahren entwickelt, bei dem CO2 aus der Atmosphäre entfernt und es dauerhaft in recyceltem Beton speichert. Heute wird erst ein kleiner Teil dieses Potenzials ausgeschöpft: «Im Beton könnten 60 Prozent der Emissionen gebunden werden», sagt David Hiltbrunner vom Bundesamt für Umwelt. «Heute sind wir hier erst im einstelligen Bereich. Es gibt also noch viel Luft nach oben.»

Drei Pioniere der Kreislaufwirtschaft

Caterpillar, USA

Ein Vorzeigeunternehmen bei der Kreislaufwirtschaft ist der Baumaschinenhersteller Caterpillar. Gemäss eigenen Angaben des US-amerikanischen Unternehmens landen fast 90 Prozent seiner Baumaschinen nach Ablauf des Lebenszyklus wieder in den eigenen Werken, wo sie auseinandergeschraubt, Teil für Teil überholt und mit neuen Komponenten versehen werden. So wird ein Grossteil des Altmaterials wiederverwendet, noch bevor es einem aufwändigen Recyclingprozess zugeführt wird.

Hilti, Liechtenstein

Beim liechtensteinischen Werkzeughersteller sind alle Produktionsschritte auf Kreislauf ausgerichtet. Bereits bei der Produktentwicklung wird der Einsatz von wiederverwerteten Materialien geprüft und darauf geschaut, dass alle verbauten Teile auch zukünftig wiederverwendbar bleiben. Hilti hat zudem eine Logistikkette für die Rückführung gebrauchter Produkte etabliert und ein globales System von Reparaturzentren aufgebaut. Ein weiterer Pluspunkt: Bei Hilti kann man Geräte inklusive Reparatur, Wartung und Transport von und zu der Baustelle mieten.

Mosa, Niederlande

Das Unternehmen entwickelt und produziert seit 1983 Keramikfliesen in Maastricht. Es verfolgt bei der Produktion eine strikte Philosophie der Nachhaltigkeit und hat die «Cradle to Cradle» Gold-Zertifizierung für fast die gesamte Fliesenkollektion erhalten. Die Hauptaspekte dafür sind die Nähe der Produktionsstätte zum Rohmaterial, die Verwendung von reinen Rohmaterialien, die eine lange Haltbarkeit garantieren und rezyklierbar sind, die Wiederaufbereitung von gebrauchtem Wasser in der Produktion, und die Verwendung von nachhaltigen Energieressourcen.

Kreislaufwirtschaft

Das Bundesamt für Umwelt ruft zu mehr Kreislaufwirtschaft auf

Appell an die Baubranche

Keine andere Branche produziert so viel Abfall wie die Bauindustrie. Über 50 Millionen Tonnen Aushub- und Ausbruchmaterial und rund 17 Millionen Tonnen Rückbaumaterial fallen pro Jahr an. Das Bundesamt für Umwelt BAFU ruft die Branche zum Handeln auf und setzt dabei auf zwei Ansätze: Abfall vermeiden und Recycling. Ein Gastbeitrag von Bernhard Hammer, stellvertretender Leiter der Abteilung Abfall und Rohstoffe, Bundesamt für Umwelt.

Natürliche Ressourcen wie Wasser, Boden, saubere Luft oder Bodenschätze bilden die Basis für unsere Lebensqualität. Sie werden heute massiv übernutzt. Dieser Druck auf die natürlichen Ressourcen dürfte sich künftig noch verschärfen, da das Wirtschaftsvolumen und die Weltbevölkerung weiterwachsen. Die planetaren Belastungsgrenzen werden bereits um ein Vielfaches überschritten. Um der abnehmenden Verfügbarkeit von Rohstoffen entgegenzuwirken, ist die Entkoppelung von Konsum und Abfallaufkommen unabdingbar.

Im Einklang mit dem Kreislaufgedanken ist eine ganzheitliche Lebenswegbetrachtung gefordert: Produkte müssen vermehrt so hergestellt werden, dass sie weniger Material erfordern, langlebiger werden und besser zu rezyklieren sind. Am Ende der Produktlebensdauer sollen neue Rohstoffe statt Abfälle entstehen.

Ein Mengenproblem

Bauabfälle bilden mit Abstand die grösste Abfallkategorie. Jährlich fallen zwischen 50 und 60 Millionen Tonnen Aushub- und Ausbruchmaterial, sowie rund 17 Millionen Tonnen Rückbaumaterial an. Weil der grösste Teil davon unverschmutzt ist, stellen Bauabfälle vor allem ein Mengen- und weniger ein Schadstoffproblem dar. Rund drei Viertel der Bauabfälle werden verwertet: Mit dem unverschmutzten Aushub werden hauptsächlich Materialentnahmestellen wie Kiesgruben wieder aufgefüllt und rekultiviert. Mineralische Rückbaumaterialien wie Kiessande und Beton können zu Recyclingbaustoffen aufbereitet oder direkt auf der Baustelle wiedereingesetzt werden. Es müssen Anstrengungen unternommen werden, um das Image von Recyclingbaustoffen zu verbessern, damit die einwandfreie Qualität von RC-Baustoffen auch anerkannt wird.

Einen weitaus grösseren ökologischen Nutzen als das Recycling hat aber die Vermeidung von Abfällen. Hier liegt vor allem im Baubereich noch ein sehr grosses Potenzial brach. Noch viel zu oft werden Gebäude vor dem Ende ihrer Lebensdauer abgebrochen und durch neue ersetzt, anstatt dass man mit dem Bestand weiterarbeiten würde. Meist werden dabei einwandfreie Bauteile wie Metallträger, Fenster und Türen oder Fassadenelemente direkt entsorgt, anstatt sie wiederzuverwenden.

Digitalisierung als Chance

Zur Förderung der Wiederverwendung könnte zukünftig die Digitalisierung beitragen: Bauteilbörsen etwa könnten direkt auf die bereits beim Bau digital erfassten Daten zu verwendeten Gebäudebestandteilen zugreifen, sobald ein Gebäude renoviert oder zurückgebaut wird. Die Plattform www.madaster.ch ermöglicht zum Beispiel einen Überblick zu den in einer Immobilie verbauten Bauteilen und Materialien durch digital standardisierte Erfassung. Gebäude sind so von Anfang an ein Depot von Materialien.
Doch selbst wenn sämtliche Rückbaumaterialien rezykliert würden, liesse sich bloss ein Viertel des Baustoffbedarfs mit Sekundärrohstoffen decken. Es werden also auch zukünftig weiterhin grosse Mengen an Primärrohstoffen benötigt, solange die Bautätigkeit nicht erheblich abnimmt.

Angesichts der anhaltenden Zunahme der mineralischen Bauabfälle reichen die heutigen Massnahmen nicht aus, um eine nachhaltige Entsorgung zu gewährleisten. Behörden und Wirtschaft müssen ihre Anstrengungen intensivieren, um das Potenzial der Verwertung von Aushub-, Ausbruch- und Rückbaumaterial auszuschöpfen. Dabei sollen möglichst freiwillige Branchenlösungen zum Tragen kommen.

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