Wie vorab vermutet, sind die der eigentlichen Herstellung von Betonelementen vorgelagerten Produktionsschritte (Scope 3, siehe Tabelle) für die grössten CO2-Emissionen in der Betonvorproduktion verantwortlich. Das liegt an der Zementherstellung, die unabhängig vom jeweiligen Betonwerk stattfindet und sehr energieintensiv ist. Sie allein ist für 79,9 Prozent der anfallenden Emissionen verantwortlich. Zusammen mit der Herstellung des Betons, der von den produzierenden Werken teils eingekauft, teils selbst gemischt wird, ergeben sich über 90 Prozent der Gesamtemissionen. Auch der eingekaufte Armierungsstahl trägt mit 3,7 Prozent zur CO2-Bilanz bei. Kies und Sand sind – obwohl mengenmässig die grössten Komponenten – für nur 2,7 Prozent der Emissionen verantwortlich.
Wie SwissBeton mitteilt, können die produzierenden Unternehmen von Betonfertigteilen die vorgelagerten Prozesse nur sehr bedingt mit beeinflussen. Um in diesem grösseren Kontext auf das Netto-Null-Ziel hinzuarbeiten, orientiert sich die vorproduzierende Branche an den Partnerverbänden Baustoff Kreislauf Schweiz und cemsuisse. Mit der Entwicklung von treibhausgasreduzierten Zementsorten und der Förderung von Recyclingprodukten treiben diese Verbände ihrerseits die Dekarbonisierung voran.
Scope 1–3 gemäss Greenhouse Gas Protocol
In der Pilotphase hat die Firma Enerprice Partners AG die CO2-Emissionen in den drei Bereichen Scope 1 bis 3 anhand der Daten von verschiedenen Pilotwerken ermittelt.
Bei Scope 1 handelt es sich um Emissionen aus Quellen, die direkt vom Unternehmen verantwortet oder kontrolliert werden. Das sind insbesondere direkt in der Unternehmensimmobilie verbrauchte Primärenergieträger.
In Scope 2 sind indirekte Emissionen zusammengefasst, zum Beispiel diejenigen aus eingekaufter Energie wie Strom oder Fernwärme.
In Scope 3 kommen alle indirekten Emissionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette hinzu – das heisst, alle eingekauften Waren oder Dienstleistungen sowie der Transport der Waren, das Pendeln der Mitarbeitenden und die Entsorgung. Auch die Förderung der Rohstoffe und die Herstellung von Zement und Beton gehören in diesen Bereich.
Für die direkten in den vorproduzierenden Werken anfallenden CO2-Emissionen (Scope 1 und 2, siehe Tabelle), die 2,8 Prozent der Gesamtemissionen ausmachen, schlägt der Branchenverband seinen Mitgliederfirmen konkrete Massnahmen vor.
Heizungen und Fahrzeuge ersetzen
Betrachtet man die direkten Emissionen aus Scope 1 und 2, sind Emissionen aus Heizöl (66,9%) und der Dieselverbrauch des Maschinenparks in den Produktionshallen (32,0%) die grössten CO2-Treiber der Betonvorproduktion. Der Einsatz von Schweissgasen (0,1%) hingegen ist gemessen an der Gesamtbilanz vernachlässigbar. Benzinbetriebene Geschäftsfahrzeuge tragen mit 1% zur CO2-Bilanz bei.
Optimierungen in der Vorproduktion möglich
Als konkrete Massnahmen schlägt der Branchenverband SwissBeton seinen Mitgliedern verschiedene Optimierungsmöglichkeiten vor, die sie schnell und direkt beeinflussen können:
– Ersatz der fossilen Heizungsanlagen
– Ersatz der internen Fahrzeuge wie Gabelstapler durch elektrisch betriebene Alternativen
– Installation eigener PV-Anlagen auf den Produktionshallen
– Einkauf eines CO2-armen Strommixes
Auch wenn die Massnahmen grosse Anfangsinvestitionen voraussetzen, liegen die CO2-Vermeidungskosten über die gesamte Lebensdauer der Komponenten (z.B. Heizung, Gabelstapler, etc.) im Minusbereich. Die Frage ist somit, welche Unternehmen es sich aufgrund ihrer finanziellen Lage aktuell leisten können, diese Investitionen zu tätigen. Gerade für die Installation von PV-Anlagen eignen sich die grossen, überdachten Produktionshallen von Fertigteilherstellern bestens, da sie grosse Flächen aufweisen, die oft in Industriegebieten und somit dem Sonnenlicht ideal ausgesetzt sind.
Dabei hält der Branchenverband fest, dass es sich bei Investitionsgütern wie Bautätigkeiten auf dem Werkareal um einmalige «CO2-Zahlungen» handelt. Eine weitere Investitionsmöglichkeit ist der Ersatz der Firmenfahrzeugflotte durch Elektrofahrzeuge (Scope 1).
Zementindustrie schlägt Lösungen vor
In den der Betonvorproduktion vor- und nachgelagerten Ketten sind bereits grosse Bestrebungen zu spüren, um den Absenkungspfad voranzutreiben. Mit der «Branchenroadmap 2050» hat der Branchenverband cemsuisse 2021 einen Massnahmenplan vorgelegt, der auf das Netto-Null-Ziel 2050 hinarbeitet. Dieses will die cemsuisse durch folgende Massnahmen erreichen:
– Brennstoffe: Ersatz durch alternative Brennstoffe (-21,0%)
– Neue Zementsorten und Betonsorten: Unter anderem Reduktion
des Klinkergehalts (–17,0%)
– Transport: Unter anderem Verlagerung auf die Schiene (–3,5%)
– Strom: Elektrifizierung von bestehenden Prozessen (–2,5%)
– CCU/CCS (Carbon Capture and Utilization/Carbon Capture and Storage):
Verwendung oder Lagerung des entstandenen CO2 ab 2030 (–70,6%)
– Natürliche Rekarbonatisierung (–9,8%)
Insgesamt entsprechen die Reduktionen von cemsuisse 124,4 Prozent gegenüber dem Niveau von 2019. Nicht eingerechnet sind dabei der Kauf von CO2-Zertifikaten sowie künftige Einsparungen an Betonstrukturen durch eine schlankere Bauweise. Die CCU- und CCS-Anlagen, die den grössten Teil der Reduktion erreichen, werden ab 2030 erwartet. Entsprechend dürfte ab diesem Zeitpunkt der grösste Teil der Reduktion erfolgen.
Lösungen stehen in den Startlöchern
Potenzial sehen die Verantwortlichen bei SwissBeton im Einsatz von CO2-angereichertem Recyclinggranulat. Bei diesem Verfahren wird das im Zement enthaltene Calciumhydroxid mit Kohlendioxid zu Calciumcarbonat und Wasser umgewandelt. Je grösser die Oberfläche des entsprechenden Betonelements, desto mehr CO2 kann so gebunden werden. Der zusätzliche Vorteil dieser Methode: carbonatisiertes Recycling-Kies weist eine reduzierte Porosität und Wasserabsorption auf. Damit kann der CO2-Fussabdruck im Bau wirksam reduziert werden.
Verschiedene Betonproduktehersteller haben zudem begonnen, mit neuen Betonrezepturen CO2 einzusparen. So ist es in der Branche verschiedenen Betrieben gelungen, die CO2-Emissionen seit 2022 um über 15 Prozent zu reduzieren.
Weitere Massnahmen, die Unternehmen der Betonvorproduktion zu Gunsten eines begrenzten CO2-Fussabdruck ergreifen können, sind der Einsatz von Recyclingstahl für die Armierungen oder der Einsatz von Pflanzenkohlepellets als Kiessubstitut.
Der Aspekt der Entsorgung wird im «Branchenfahrplan Dekarbonisierung» von SwissBeton nicht näher behandelt. Denn Betonelemente, die heute produziert werden, sind äusserst langlebig und werden zu einem viel späteren Zeitpunkt entsorgt. Man geht davon aus, dass die Maschinen künftiger Entsorgungsunternehmen bis dahin elektrifiziert sind. Ebenfalls nicht mitberücksichtigt werden die Hintergrundemissionen des Stroms, da auch in diesem Bereich die Bestrebungen auf einen emissionsarmen Strommix hindeuten.

