Matthieu Meyer, wenn Sie ein Projekt planen, werden vorfabrizierte Betonelemente automatisch in Betracht gezogen?
Ja, wenn die Struktur des Gebäudes aus Beton geplant ist, werden bestimmte Elemente systematisch als vorfabrizierte Betonelemente eingeplant. Zum Beispiel Stützen, Treppen, Doppelwände oder Fassaden.
Was sind aus Ihrer Sicht die Vorteile der Vorproduktion im Bereich Beton?
Die Verwendung von Betonfertigteilen minimiert das Sicherheitsrisiko auf den Baustellen, weil sich nicht zu viele Gewerke gleichzeitig auf der Baustelle befinden. Dazu kommt: Die Qualität von vorgefertigten Betonelementen ist höher als beim Ortbeton, weil die Elemente unter kontrollierten Bedingungen im Werk hergestellt wurden. Das ermöglicht uns in manchen Fällen, besondere architektonische Anforderungen zu erfüllen. Und schliesslich ermöglicht uns die Vorfabrikation eine bessere Einhaltung der Terminpläne und der damit verbundenen Kosten.
Nutzten Sie Betonfertigteile auch bei Infrastrukturbauten?
Aus Gründen der Dichtigkeitsklasse und der Garantie verwenden wir in der Infrastruktur unserer Gebäude nur sehr wenige vorgefertigte Elemente. Wir verwenden diese insbesondere bei Komponenten, die mit dem Baugrund in Berührung kommen.
Gibt es ein aktuelles Projekt, bei dem Sie Betonvorfabrikate einsetzen, und was daran finden Sie besonders gelungen?
Die Verwendung von Betonfertigteilen beim Stadterneuerungsprojekt Spenglerpark in Münchenstein ermöglichte es uns, mit den Herausforderungen eines bestehenden Gebäudes umzugehen. Ein weiteres Projekt ist der Neubau der Post in Delémont, das ebenfalls bereits an den Bauherrn übergeben wurde und bei dem eine grosse Anzahl von Betonfertigteilen eingesetzt wurde. Hier ging es insbesondere darum, den Anforderungen des Architekten und des Bauherrn hinsichtlich des Terminplans und der Qualität gerecht zu werden, gerade auch, weil die ganze Fassade aus Betonfertigteilen besteht.
Wie wichtig ist es für Sie als Unternehmen, dass Rohstoffe regional produziert werden?
Sehr wichtig. Als verantwortungsbewusstes Unternehmen hinsichtlich der ESG-Nachhaltigkeitskriterien, steht bei uns zunächst die richtige Materialwahl im Vordergrund. Wir bevorzugen dabei die Verwendung von lokalen Rohstoffen, und berücksichtigen dies bereits in der Planungsphase unserer Projekte. Lokale Rohstoffe verringern die Transportauswirkungen auf die CO2-Bilanz beträchtlich. Wird der Baustoff Beton aus technischen Gründen gewählt, dann ist uns auch hier wichtig, dass für die Herstellung, insbesondere bei der Auswahl der Granulate für die Fertigteilfassaden, regionale Produkte zum Einsatz kommen.
Würden Sie Betonvorfabrikate als regionales Produkt bezeichnen?
Dies hängt sehr von der Art der vorgefertigten Elemente und den Anforderungen innerhalb eines spezifischen Projekts ab. Leider ist es nicht immer möglich, einen lokalen Partner zu finden.
Im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeitsdiskussion ist Beton bisher eher verpönt. Wie könnte man dieses Image aufbessern?
Seit 2021 messen wir den CO2-Ausstoss von allen in unseren Projekten eingesetzten Materialien. Beton fällt hier schwer ins Gewicht, weil er Zement beinhaltet. Darum versuchen wir aktuell in einem ersten Schritt, gemeinsam mit unseren Partnerlieferanten, zuverlässige, zertifizierte Daten über den CO2-Ausstoss von Beton zu erhalten. Hier fehlt es derzeit an vielen Orten noch an der Transparenz. Andererseits sind wir aktiv daran, die Branche zu pushen, um den CO2-Fussabdruck von Beton zu verbessern. Dementsprechend sind wir sehr offen für innovative Produkte, die es ja auch zum Teil schon gibt. Letztlich gilt auch, dass wir den Betonverbrauch möglichst auf die Bereiche konzentrieren, in denen das Material wirklich notwendig ist.
Gibt es andere Anwendungen, wo Betonelemente zur Nachhaltigkeit eines Baus beitragen können?
Aus unserer Erfahrung gibt es zwei mögliche Anwendungen. In Bestandsbauten geht es zunächst darum, die bestehenden Strukturen zu erhalten und zum Beispiel durch eine Aufstockung oder einen Anbau zu verdichten. Hier gibt es interessante technische Lösungen, um bestehende Betonstrukturen in Parkplätzen als Wärmespeicher zu nutzen. Im Neubau ist es aus unserer Sicht derzeit nicht sinnvoll, aktiv mehr Beton zu verbauen, um eine höhere thermische Masse zu erzielen oder um diesen als Energiespeicher zu nutzen. Unser Ziel bleibt, die aus statischer Sicht notwendige Betonmenge einzusetzen.
«Beton bleibt ein hervorragendes Material, das eine hohe Festigkeit, eine einfache Verarbeitung und einen klaren wirtschaftlichen Vorteil bietet.»
Matthieu Meyer
Wie geht die Firma Losinger Marazzi mit dem Thema Recycling um?
Bei Losinger Marazzi streben wir schon seit vielen Jahren eine maximale Nutzung von Recycling-Betongranulat an. So wird zum Beispiel auf der Baustelle Quai Vernets Abbruchmaterial direkt vor Ort in die neue Betonmischung eingearbeitet. Derzeit untersuchen wir zudem die Machbarkeit der direkten Wiederverwendung von Betonelementen, konnten hier aber noch keine Projekte umsetzen. Aber wir haben beispielsweise beim Projekt Burgernziel in Bern mit dem Start-up Neustark zusammengearbeitet. Das Unternehmen entfernt mit seiner Technologie CO2 aus der Atmosphäre und speichert dieses in recyceltem Betongranulat.
Wie sehen Sie die Zukunft des Baustoffs Beton?
Was den CO2-Fussabdruck von Beton betrifft, müssen wir alle unsere Anstrengungen vereinen, um seine Auswirkungen auf die Umwelt zu verringern. Hier sind wir daran, Innovationen zu testen und sind bereit, diese mit unseren Projektpartnern umzusetzen. Beton bleibt ein hervorragendes Material, das eine hohe Festigkeit, eine einfache Verarbeitung und einen klaren wirtschaftlichen Vorteil bietet. Ausserdem haben wir in der Schweiz im Bereich Beton eine grosse industrielle Produktionskapazität und eine starke lokale Vernetzung. Deswegen wird sicherlich Beton auch in Zukunft als Baustoff eingesetzt werden.