Vorteile der Vorfabrikation

Verkürzte Bauzeit, geringere Baukosten

Wer kennt die Vorteile der Betonvorfabrikation besser als unsere direkten Abnehmer:innen? Simon Gemperle ist Lead Buyer für Betonelemente bei der Implenia Schweiz AG mit Sitz in Opfikon ZH. Im Interview erzählt er, warum er nicht auf den Einsatz von Betonfertigteilen verzichten möchte und wie sie aus seiner Sicht zu mehr Nachhaltigkeit im Betonbau beitragen könnten.

Simon Gemperle, wenn Sie ein Projekt planen, werden vorfabrizierte Betonelemente automatisch in Betracht gezogen?
Grundsätzlich prüfen wir bei jedem Projekt einen möglichen Einsatz von Betonfertigteilen. Ich beobachte jedoch, dass in der Schweiz das volle Potenzial dieser Elemente noch nicht ausgenutzt und in vielen Bereichen die Ortbetonbauvariante vorgezogen wird. Die Entscheidung für oder gegen den Einsatz von Elementen wird nicht zuletzt vom Architektur- oder Ingenieurbüro des jeweiligen Projektes beeinflusst. Ich persönlich bin überzeugt, dass der Einsatz von Elementen in Zukunft an Bedeutung gewinnen wird.

Warum?
Der Einsatz von vorfabrizierten Betonelementen kann bereits heute dazu beitragen, die Bauzeit zu verkürzen und die Kosten zu optimieren. Zusätzlich können durch eine werkseitige Qualitätskontrolle mögliche Mängel frühzeitig erkannt und behoben werden, was zu einem reibungslosen Bauablauf beiträgt. Im Übrigen bietet der Einsatz dieser Elemente neben der verlässlichen Qualität Vorteile wie eine geringere Abhängigkeit von Witterungsbedingungen auf der Baustelle und eine zuverlässigere Überwachung der Baukosten.

In welchen Bereichen sind vorfabrizierte Betonelemente unersetzlich?
Elemente können grundsätzlich immer auch in Ortbeton hergestellt oder durch ein anderes Material ersetzt werden. Bei Projekten im Infrastruktur- oder im Tunnelbau bieten industriell vorfabrizierte Betonelemente jedoch die bereits erwähnten, signifikanten Vorteile.

Simon Gemperle ist Lead Buyer für Betonelemente bei der Implenia Schweiz AG.

Warum nutzten Sie Betonfertigteile auch bei Infrastrukturbauten?
Bei Infrastrukturprojekten herrscht meist grosser Zeitdruck. Bei Strassenbauprojekten etwa wird oft der Verkehrsfluss beeinträchtigt. Vorgefertigte Betonelemente, die just-in-time auf die Baustelle geliefert werden, können dazu beitragen, dass Sperrungen verkürzt oder ganz vermieden werden.

Gibt es ein aktuelles Projekt, bei dem Sie Betonvorfabrikate einsetzen, und was daran finden Sie sehr gelungen?
Betonvorfabrikate kommen in irgendeiner Form bei nahezu all unseren Projekten zum Einsatz. Ein konkretes Beispiel ist das Projekt Brenner Basistunnel, wo wir die Tunnelwände mit vorgefertigten Tübbingen auskleiden, die wir in einem Werk direkt auf dem Baustellenareal passgenau und umweltfreundlich herstellen.

Wie wichtig ist für Sie als Unternehmen, dass die Rohstoffe, die Sie verwenden, regional produziert werden?
Wir versuchen, die Transportwege so kurz wie möglich zu halten. Das kommt der Umwelt zugute und stärkt gleichzeitig die lokale Wirtschaft. Für Implenia hat das Thema Nachhaltigkeit einen sehr hohen Stellenwert – als einer unserer fünf Unternehmenswerte ist Nachhaltigkeit seit 2009 fest in unserer Kultur verankert. Unser Anspruch ist es, das Thema gesamtheitlich zu denken und in allen Dimensionen – Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft – führend zu sein.

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Die Tübbinge für den neuen Brenner Basistunnel werden direkt vor Ort vorfabriziert.

Würden Sie Betonvorfabrikate als regionale Produkte bezeichnen?
Wir kaufen generell und wo immer möglich Betonvorfabrikate regional ein beziehungsweise stellen sie sogar wie beim Projekt Brenner Basistunnel direkt auf dem Baustellengelände her. Nur bei sehr grossen und komplexen Elementen werden zum Teil auch längere Distanzen zu den Elementwerken erforderlich.

Im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeitsdiskussion ist Beton bisher eher verpönt. Wie könnte man dieses Image aufbessern?
Bei der Beurteilung der CO2-Bilanz von Beton ist es wichtig, den gesamten Lebenszyklus zu berücksichtigen. Dieser schliesst neben der Produktion auch die Förderung von Rohstoffen, den Transport, die Verarbeitung, die – zum Teil sehr lange – Nutzung oder die Wiederverwertung ein. Durch die Verwendung von Recyclingbeton können Emissionen gesenkt werden, insbesondere wenn diese wie einleitend beschrieben den ganzen Lebenszyklus umfassen.

Gibt es andere Anwendungen, wo Betonelemente zur Nachhaltigkeit eines Baus beitragen können?
Betonelemente können in verschiedenen Bereichen zur Nachhaltigkeit eines Baus beitragen. In Fassaden oder Böden etwa können sie so gestaltet werden, dass sie Sonnenenergie absorbieren und speichern. Die so entstandene Wärme wird dann im Lauf des Tages langsam freigesetzt, um die Innentemperatur zu regulieren und den Energiebedarf für die Heizung zu reduzieren. Ich denke in diesem Zusammenhang auch an thermische Massenspeicherung oder Wärmerückgewinnung, natürlich immer auch in Hinblick auf einen möglichen Überhitzungseffekt.  

«Aufgrund seiner Haltbarkeit, Festigkeit und seinen vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten wird Beton auch in Zukunft aus der Bauindustrie nicht wegzudenken sein.»

Simon Gemperle

Wie geht die Implenia mit dem Thema Recyling um? Und werden zum Beispiel Elemente aus Abbruchgebäuden wiederverwendet?
Wir stellen fest, dass gebrauchte Betonelemente normalerweise nicht wiederverwendet werden können. Implenia setzt aber wo immer möglich auf Recycling und die Kreislaufwirtschaft und hat 2021 auf einem Industriegelände in der Genfer Gemeinde Satigny eine Plattform zur Aufbereitung von Aushub- und Rückbaumaterialien errichtet. Die aufbereiteten Gesteinskörnungen stehen dann zur Herstellung von Recyclingbeton bereit.

Wie sehen Sie die Zukunft des Baustoffs Beton?
Ich sehe eine Kombination von Tradition und Innovation: Aufgrund seiner Haltbarkeit, Festigkeit und seinen vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten wird Beton auch in Zukunft aus der Bauindustrie nicht wegzudenken sein. Die Forschung zu diesem Baustoff läuft auf Hochtouren und neue Technologien wie etwa vorfabrizierte Elemente aus ultrahochfestem Beton oder die Herstellung von Betonelementen im 3D-Druckverfahren könnten in Zukunft eine wichtige Rolle spielen.

Implenia betreibt seit 2021 ein Werk zur Aufbereitung von Aushub- und Rückbaumaterialien im Kanton Genf.
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